EU-Wahl 1999: 7 Fragen zur Internetpolitik an die Spitzenkandidaten aller Fraktionen.


So vertreten unsere EU-Abgeordneten die Wähler

Bei der Abstimmung am 06.05.1999 im EU-Parlament ging es um einen Richtlinienentwurf betreffend e-commerce. Teil dieser Richtlinie ist auch der Umgang mit unverlangter Werbe-Mail (Spam, UCE) - lesen Sie zur Spam-Problematik auch Spam und Belästigung.

Bei obiger Abstimmung haben die EU-Parlamentarier mehrheitlich gegen den Benutzerwunsch - die sogenannte Opt-In-Lösung - gestimmt. Diese Abstimmung hat eine Petition mit zigtausenden Unterschriften ignoriert, ebenso die Stellungnahmen zahlreicher Fachorganisationen und Interessensvertretungen.

In Österreich haben sich sowohl Wirtschaftskammer als auch Arbeiterkammer gegen Spam ausgesprochen.

Zitat aus Österr. Wirtschaftkammer: Stellungnahme zum EU E-Commerce Richtlinien-Entwurf :

"[...] schlagen wir vor, unerbetene kommerzielle Kommunikationen grundsätzlich sowohl an Unternehmen als auch an Private zu untersagen. Ein großzügig gehandhabtes Opt-In System würde dazu führen, daß man nur die Informationen erhält, die man auch wirklich haben will."

Etwas deutlicher die Arbeiterkammer Wien in ihrer Presseerklärung vom 17. Mai 1999:

"Die AK will - wie bei der Telefon- und Telefax-Werbung in Österreich - ein Verbot für die e-mail-Werbung, außer der Konsument stimmt ausdrücklich zu, daß er solche Werbung bekommen will."

Obwohl also die zwei wichtigsten Sozialpartner sich klar für das Verbot von unerwünschten Werbe-Mails ausgesprochen haben, haben einige österreichische EU-Abgeordnete dies ignoriert. Lesen Sie in der untenstehenden Tabelle, welche unserer Abgeordneten haben wollen, daß wir in Zukunft mit Werbe-Mail belästigt werden (alle Abgeordneten, welche mit "G" gestimmt haben). Die Ergebnisse wurden einer Zusammenstellung von EuroCAUCE entnommen und werden hier ohne Gewähr wiedergegeben.

In der ersten Spalte der Tabelle bedeutet F = für eine Verbannung von Spam, G = gegen eine Verbannung und _ = haben nicht abgestimmt.

F  Daniela Raschhofer              FPÖ
F  Prof.Dr.Gerhard Hager           FPÖ
_  Dr. Franz Linser                FPÖ
_  Dr. Hans Kronberger             FPÖ
_  Dr. Klaus Lukas                 FPÖ
_  Mag. Peter Sichrovsky           FPÖ

F  Johannes Voggenhuber            Grüne

F  Dr. Friedhelm Frischenschlager  LiF

F  Dkfm. Ilona Graenitz            SPÖ
F  Dr. Hilde Hawlicek              SPÖ
F  Dr. Maria Berger                SPÖ
F  Mag. Herbert Bösch              SPÖ
_  Ing. Harald Ettl                SPÖ
G  Dr. Hannes Swoboda              SPÖ

F  Agnes Schierhuber               ÖVP
_  Dr. Marilies Flemming           ÖVP
G  Dr. Hubert Pirker               ÖVP
G  Dr. Paul Rübig                  ÖVP
G  Karl Habsburg-Lothringen        ÖVP
G  Univ.-Prof. Dr. Reinhard Rack   ÖVP
G  Ursula Stenzel                  ÖVP

Fazit: "Opposition" ist dafür oder schwänzt, SPÖ dafür, ÖVP dagegen,
beide mit Ausnahmen.

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ÖVP will Spam für den Wahlkampf ...

Unter diesem Titel wurde eine Diskussion im Internet gestartet. Dabei geht es um die mehr als fragwürdige Aktion auf der ÖVP-Homepage.

--- Zitat aus der ÖVP-Homepage "http://www.wahl99.at/(o)e-vp/newuser.html" (inzwischen nicht mehr online; IL 2001-06-25): ---

Werde e-manager und leite Deine e-nitiative!

  1. Gründung: Benütze das untenstehende Formular!
  2. Verschicke das für Dich vorbereitete "e-nitiativen Manager e-mail" an Familienmitglieder, Freunde und Bekannte, die Dich und Deine e-nitiative unterstützen wollen.

Dein Ranking innerhalb der e-organisation hängt natürlich von der Anzahl der von Dir geworbenen e-member ab:
Jedes von Dir direkt geworbene e-member zählt auf Deiner "Score Card" 1 Punkt. Wenn "Deine" e-member selbst eine e-nitiative aufbauen, dann zählt das auch für Dich: ½ Punkt bringt da jedes neue e-member; das geht natürlich weiter, denn sollte hier wieder eine e-nitiative begonnen werden, so schreiben wir Dir pro member ¼ Punkt gut, usw. usw.
Es liegt also an Dir bei wahl99.at eine steile e-karriere zu machen. Suche Dir gute Helfer und werde e-VP Obmann!

Die Struktur der e-nitiative:
1 bis 4 Punkte =e-friends
5 bis 9 Punkte =e-familie
10 bis 24 Punkte =e-team
25 bis 49 Punkte =e-dorf
50 bis 99 Punkte =e-stadt
100 bis 199 Punkte =e-land
ab 200 Punkte =Mitglied der Bundes e-nitiative Europa'99!

--- Zitat Ende ---

Reaktionen von Internet-Benutzern

Ein Teilnehmer unserer Diskussionsliste "Internetz":

sie haben sich da was feines ausgedacht -- das klassische pyramidenspiel bzw. MLM (so mit provisionen fuer das, was die von dir geworbenen leute machen) -- und sie fordern auf, den scheiss per mail an freunde weiterzuverbreiten. wie wir alle von MMF wissen, gibt's genug trottel, die bei sowas mitmachen [...]

Und ein Benutzer des Usenet:

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: el awadalla <el@awadalla.at>
Newsgroups: at.blackbox.meine-meinung.innenpolitik
Nachricht: <3745D4CB.9D51D2F2@awadalla.at>
Datum: Freitag, 21. Mai 1999 23:48
Betreff: EU-Wahlkampf als Multilevelmarketing

Nach dem Prinzip des Multilevelmarkteing (MLM) oder Strukturvertriebs
ist die vermutlich cool sein wollende Wahlkampagne der ÖVP auf deren
Webpage

"http://www.wahl99.at/(o)e-vp/newuser.html"

aufgebaut: Wer wirbt, kann Punkte sammeln und damit einen Titel erwerben
und "heiße Preise" gewinnen.

Bisher waren MLMs Herbalife, Amway und ähnlichen vorbehalten, die damit
werben, in einem Aufwaschwn "fit, schlank, reich und schön" zu werden.

In einer Broschüre der Arbeiterkammer wird ein MLM so erklärt:

Bildlich dargestellt ist ein MLM eine Pyramide, die nach unten immer
breiter wird: Es ist klar, daß die Klugen an der Spitze der Pyramide
immer mehr Dumme brauchen, die mitspielen und ihnen das Geld zukommen
lassen. Je weiter unten man in der Pyramide ist, umso fraglicher wird
es, ob man noch einmal viel mehr Dumme findet, die dann noch einmal viel
mehr zahlen müssen, damit das Spiel funktioniert. Zusammenfassend kann
gesagt werden, daß in der Praxis nur für die Initiatoren satte Gewinne
anfallen, die meisten Teilnehmer jedoch noch dem Motto "den letzten
beißen die Hunde" den Einsatz verlieren. Zur Verdeutlichung möge
folgendes dienen: Wenn in einem MLM vorgesehen ist, daß jeder Teilnehmer
drei neue Teilnehmer anwerben muß und man davon ausgeht, daß die Kette
nicht abreißt, so bedeutet dies, daß bereits in der 9. Runde 6561
Teilnehmer mitspielen.

Die ÖVP hat einfach diese Struktur übernommen und will statt Geld damit
Stimmen machen.


Mehr über MLMs

http://www.awadalla.at/el/texte-pyr.html

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zuletzt aktualisiert: Thursday, 11-Apr-2002 19:02:10 CEST