Antwort der Gruenen
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Monika Vana
EU-Kandidatin der Grünen |
-----Ursprüngliche Nachricht----- Von: Monika VANA <mvana@gruene.at> An: wollmersdorfer@aon.at <wollmersdorfer@aon.at> Datum: Donnerstag, 20. Mai 1999 18:41 Betreff: Internet-Fragebogen Sehr geehrter Herr Wollmersdorfer! Im Namen der Grünen sende ich Ihnen nachstehend die Beantwortung Ihres Internet-Fragebogens. Mit lieben Grüßen Mag. Monika Vana, Kandidatin der Grünen zum Europäischen Parlament (Listenplatz 3) FRAGENKATALOG: Hinweis: Beantworten Sie bitte jede Frage separat von den anderen Fragen, damit uns eine systematische Gegenüberstellung der Antworten möglich ist. 1. Frage: - --------- Welche Chancen sehen Sie für die Zukunft der Demokratie und der Gesellschaft durch die Nutzung des Internet? a) Der Zugriff auf viele Informationen wird durch das Internet erst ermöglicht, einfacher und billiger. Unter der Voraussetzung, daß geeignete Inhalte auch publiziert werden, kann z.B. die Arbeit von Parteien, Ministerien oder Parlamenten einen deutlichen Transparenzschub erfahren. So kann z.B. schon innerhalb weniger Stunden nach einer Abstimmung klar sein, wer in einer entscheidenden Frage wie gestimmt hat. Diese kann die möglichst aktive Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern in die Politik durchaus fördern, die ihrerseits Netze verstärkt zur Publikation und Organisation nutzen können. Der Zugang zum Netz darf daher kein Privileg bestimmter (industrialisierter) Gesellschaften oder gesellschaftlicher Gruppen darstellen, sondern muß möglichst für alle in gleicher Weise gewährleistet sein. b) Meinungsbildung wie Interessensvertretung können durch vernetzte Arbeit via Internet stark an Substanz und Breite gewinnen. Zum Beispiel wurden Online-Petitionen gerade in letzter Zeit vermehrt durchgeführt und haben durchaus beachtliches politisches und mediales Echo erfahren. Die Durchführung von Wahlen oder verbindlichen Abstimmungen per Internet ist auf absehbare Zeit aus verschiedenen Gründen nicht realistisch bzw. empfehlenswert. Es kann derzeit z.B. nicht davon ausgegangen werden, daß jeder über einen Internetzugang verfügt. Doppelte Stimmabgabe einerseits zu verhindern und geheime Wahl andererseits zu garantieren erscheint zum gegebenen Zeitpunkt elektronisch nicht verläßlich möglich. Außerdem haben nicht alle Menschen Zugang zum Internet. c) Das Internet kann eine noch wesentlich wichtigere Rolle im "Gesetzgebungsprozess" der EU spielen, besonders im Bereich Dokumentation. Während bestehende Datenbanken meist kostenpflichtig sind oder lediglich beschlossene Richtlinien und Verordnungen enthalten, bietet die EU-Datenbank des österreichischen Parlaments Dokumente zu laufenden Prozessen, die sich noch IN VERHANDLUNG befinden. Aufgrund einer Verfassungsbestimmung leiten die Ministerien die Unterlagen ans Parlament weiter, wo sie systematisch erfaßt, in einer Datenbank abgespeichert und per Internet-Technologie abrufbar gemacht werden. Auf diese Weise haben derzeit die Abgeordneten des Hauptausschusses des Parlaments die Möglichkeit, auf die EU-Politik Einfluß zu nehmen. Die Bevölkerung hat diese Möglichkeit jedoch nicht, weil diese Datenbank der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. d) Betrachtet man zu erwartende Auswirkung auf Beschäftigung und Arbeitsplätze, so ist davon auszugehen, daß durch den Boom im Telekommunikations- und Multimediabereich neue Arbeitsplätze entstehen werden. Andererseits zeichnet sich deutlich ab, daß es in den Verliererbranchen gewaltige Rationalisierungs- und Arbeitsplatzverluste geben wird, zum Beispiel in der Versicherungswirtschaft oder im Bankenbereich. Eine Lösung des Problems Arbeitslosigkeit durch boomende Kommunikationstechnologien ist mit Sicherheit nicht zu erwarten. Gerade im Telekommunikationsbereich zeigen sich nach der ersten Aufbruchs- und Pionierphase (also nach Auflösung der staatlichen Monopole im Post und Telekommunikationsbereich) bereits deutliche Signale für neue Marktkonzentration in den Händen weniger Global Players ab. 2. Frage: - --------- Wie stehen Sie bezüglich unverlangter Werbe-Email (UCE, "Spam", "Junk Mail") zum aktuellen EU-Richtlinienentwurf, welcher Opt-Out ("Robinsonlisten") vorsieht? Unverlangte versendete Werbe-Emails, kurz SPAM genannt, mit meist geringem Informationswert, verursachen bei den Empfänger unnötige Kosten und Wartezeiten. Teile des Internets wie zum Beispiel das Usenet wurden teilweise geradezu von SPAM überflutet. Die Grünen setzen sich für ein Verbot von unverlangt versendeten Werbe-Emails alias SPAM ein. Werbeemails sollen nur dann zulässig sein, wenn vorher die Zustimmung des Empfängers ausdrücklich klargestellt wurde. 3. Frage: - --------- Welche Meinung vertreten Sie zu Enfopol und zum Lauschangriff auf elektronische Netzwerke? Die Grünen haben sich in den letzten Jahre immer deutlich und prononciert gegen Lauschangriff und Rasterfahndung ausgesprochen und lehnen daher auch die Ausdehnung diese Methoden auf neue Kommunikationsmedien und das Internet entschieden ab (vgl. dazu http://europa.gruene.at) . 4. Frage: - --------- Sehen Sie Bedarf für eine gesetzliche/behördliche Regulierung des Internet? Zahlreiche Fragen stehen derzeit im europäischen bwz. nationalen Parlament zur Behandlung an, wie zum Beispiel Wahrung der Privatsphäre im Internet, Fragen der Haftung für im Netz publizierte Inhalte, Regelung zur Frage elektronischer Signaturen, Verbraucherschutz bei elektronischen Geschäften, Copyright von künsterlischen Produktionen & Software im Internet sowie beispielsweise arbeitsrechtliche Aspekte von TelearbeiterInnen. Die Grünen sind bemüht, anstehende Fragen in intensivem Dialog mit den Betroffenengruppen zu entwickeln. 5. Frage: - --------- Wie soll die öffentliche Hand in Zukunft das Internet nutzen und wie sollen davon die Bürger profitieren? Siehe Beantwortung von Frage 1. Alle Bürgerinnen und Bürger müssen zu vernünftigen Bedingungen Zugang zum Internet erlangen können. 6. Frage: - --------- Welche Meinung vertreten Sie bezüglich der Verwendung von Verschlüsselung (Kryptografie) und elektronischer Unterschrift (digitale Signatur)? a) Es wäre ein unzulässiger Verstoß gegen das Recht auf Privatsphäre, den Einsatz von Verschlüsselungstechnologien bei der Nachrichtenübermittlung im Internet zu verbieten, zu behindern oder lediglich amputierte Verfahren zuzulassen. Die Grünen lehnen insbesonders Vorschläge ab, private Schlüssel oder Schlüsselteile bei staatlichen Behörden zu hinterlegen (z.B. Key-Escrow-Verfahren). b) Das Erstellen von digitalen Signaturen soll nicht auf bestimmte Techniken beschränkt werden, sondern alle gängigen und geeigneten Verfahren umfassen. Eine Genehmigungspflicht als Voraussetzung für den Betrieb einer Zertifizierungsstelle lehnen die Grünen ab. Auf internationale Kompatibilität und gegenseitige Anerkennung ist zu achten. 7. Frage: - --------- Bezweifeln Sie die Existenz eines weltweiten Abhörsystems, welches unter der Bezeichnung ECHELON durch die Medien ging? Würde ein derartiges Spionage-Netzwerk unter Beteiligung eines EU-Mitglieds den EU-Datenschutzrichtlinien, die die Rechte und die Freiheit natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und insbesondere ihr Recht auf Privatsphäre sicherstellen soll, zuwiderlaufen? Mit dem STOA Bericht "Eine Bewertung der Technologien für eine politische Kontrolle" wurde dem europäischen Parlament ein Bericht vorgelegt, in dem zum ersten Mal offiziell ein weltumspannendes Abhörsystem namens ECHELON skizziert wird. Es wurde während der Zeit des kalten Krieges aufgebaut und dient der automatisierten Überwachung von u.a. Telefon-, Telefax- und Telexverbindungen (http://jya.com/atpc.htm). Das geht auch aus dem Bericht "Interception Capabilites 2000" des Science and Technology Options Assessment Panel (STOA) hervor, der vor kurzem dem Europäischen Parlament vorgelegt wurde (http://jya.com/ic2000-dc.htm). Lauschangriffe à la ECHELON zur laufenden, "präventiven Gefahrenerforschung" verletzen nach Auffassung der Grünen fundamental das Grundrecht auf Wahrung der persönlichen Privatsphäre. -- ------------------------------------------------------ Monika Vana email: mvana@gruene.at Referentin f. Europaangelegenheiten Gruener Klub im Parlament, A-1017 Wien, Tel: 1.40110-6565 Der glaeserne Klub im Web http://www.gruene.at/
http://www.vibe.at/aktionen/199905/eu_wahl_gruene.html
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zuletzt aktualisiert: Monday, 23-Aug-1999 21:59:02 CEST