Antwort von Ursula Stenzel (ÖVP)

Ursula Stenzel Ursula Stenzel
EU-Kandidatin der ÖVP

Anmerkung:
Zur besseren Lesbarkeit habe ich die Tippfehler der Originalnachricht ausgebessert und die ursprünglichen Fragen zwischen die Antworten hineingestellt (Helmut Wollmersdorfer, 21.05.1999).

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Ursula Stenzel <ustenzel@europarl.eu.int>
An: wollmersdorfer@aon.at <wollmersdorfer@aon.at>
Datum: Freitag, 21. Mai 1999 14:39
Betreff: Re: Fw: Anfrage betreffend Ihre EU-Kandidatur


Sehr geehrter Herr Wollmersdorfer!

Haben Sie vielen Dank für Ihr Interesse an diesen spannenden Fragen. Die mit 
Internet zusammenhängenden Themen zählen sicherlich zu den wichtigsten Fragen 
des ausgehenden Jahrtausends; 

nun die einzelnen Fragen -

|FRAGENKATALOG:

|Hinweis:
|Beantworten Sie bitte jede Frage separat von den anderen Fragen,
|damit uns eine systematische Gegenüberstellung der Antworten
|möglich ist.

|1. Frage:
|- ---------
|Welche Chancen sehen Sie für die Zukunft der Demokratie
|und der Gesellschaft durch die Nutzung des Internet?

1. Die Weiterentwicklung des Internets bietet ungeahnte Möglichkeiten und 
Chancen, das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit sowohl der europäischen 
als auch der österreichischen Wirtschaft zu fördern und Investitionen in 
innovativen Bereichen anzuregen. Vor allem für österreichische Klein und 
Mittelbetriebe, die sich diesem Sektor öffnen, bietet dieses Medium  
reichlich Kapazität. Österreich wird sich bei Nutzung dieser Möglichkeiten 
in der Informationsgesellschaft international gegenüber anderen großen 
Industriestaaten profilieren.

|2. Frage:
|- ---------
|Wie stehen Sie bezüglich unverlangter Werbe-Email (UCE, "Spam",
|"Junk Mail") zum aktuellen EU-Richtlinienentwurf, welcher
|Opt-Out ("Robinsonlisten") vorsieht?

2.  Ich bin der Meinung, daß alle Anstrengungen unternommen werden müssen, 
um der Flut von unerbetenen Werbemeils Einhalt zu geben. 
In meinem zuständigen Ausschuß - Kultur Jugend und Medien - habe ich mich 
bereits dafür eingesetzt, daß unerbetene kommerzielle Kommunikation nur erlaubt 
wird, falls der Empfänger für diesen Zweck seine Adresse übermittelt, oder wenn 
es ihm bekannt wird, daß sie in dieser Weise benutzt werden kann - und wenn die 
kommerzielle Kommunikation mit Vorrrausetzung übereinstimmt, mit denen der Empfänger
vorher einverstanden ist.

|3. Frage:
|- ---------
|Welche Meinung vertreten Sie zu Enfopol und
|zum Lauschangriff auf elektronische Netzwerke?

3. Ich bin absolut für jeden Datenschutz und für den Erhalt der Privatsphäre. 
Es kann nicht angehen, daß in Datenbereiche eingesehen werden kann, die nicht 
für die Öffentlichkeit bestimmt sind.

|4. Frage:
|- ---------
|Sehen Sie Bedarf für eine gesetzliche/behördliche Regulierung
|des Internet?

4. Es gibt ja schon diverse Bestimmungen und Rechtssetzungsinteressen, um wie
(siehe Richtline e-commerce) Regulierungen vorzunehmen.

|5. Frage:
|- ---------
|Wie soll die öffentliche Hand in Zukunft das Internet nutzen
|und wie sollen davon die Bürger profitieren?

5. Für die öffentliche Hand gibt es die Möglichkeit schlechthin, die oft 
zitierte Bürgernähe auch zu leben. Mit aktuellen und einfach dargestellten 
Informationen kann den Menschen die Hemmschwelle genommen und wichtige 
Informationsarbeit geleistet werden.

|6. Frage:
|- ---------
|Welche Meinung vertreten Sie bezüglich der Verwendung
|von Verschlüsselung (Kryptografie) und elektronischer
|Unterschrift (digitale Signatur)?

6. Die digitale Unterschrift ist auch im Europäischen Parlament ein wesentlicher
Bestandteil unserer Arbeit und ist sicherlich ein wichtiges Element, um den
elektronischen Geschäftsverkehr wirksam umzusetzen.

|7. Frage:
|- ---------
|Bezweifeln Sie die Existenz eines weltweiten Abhörsystems,
|welches unter der Bezeichnung ECHELON durch die Medien ging?

|Würde ein derartiges Spionage-Netzwerk unter Beteiligung eines EU-Mitglieds
|den EU-Datenschutzrichtlinien, die die Rechte und die Freiheit natürlicher
|Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und insbesondere ihr
|Recht auf Privatsphäre sicherstellen soll, zuwiderlaufen?

7. Nach meinem Wissenstand gibt es ein solches Abhörsytem weltweit nicht und 
würde sicherlich gegen bestehende Datenschutzrichtlinien verstoßen.

Ich hoffe Ihnen gedient zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Ursula Stenzel

Nachfrage wegen Ungereimtheiten

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Peter Kuhm <peter.kuhm@plus.at>
An: Ursula Stenzel <ustenzel@europarl.eu.int>
Datum: Donnerstag, 27. Mai 1999 03:21
Betreff: Re: Anfrage betreffend Ihre EU-Kandidatur

Sehr geehrte Frau Stenzel,

im Namen von Helmut Wollmersdorfer und von VIBE.AT bedanken wir uns
(leider ein wenig verspätet) für den retournierten Fragebogen zu unseren
Internet-Themen. Unter http://www.vibe.at/aktion_9905/eu_wahl_99.html
haben wir ihn ins WWW gestellt und in der Newsgroup at.internet.sonstiges
sind die Standpunkte zur allfälligen Diskussion ebenfalls veröffentlicht.


Im wesentlichen sind bei uns dazu folgende Fragen aufgetreten:

Unter Pkt. 2. schreiben Sie, dass Sie sich für ein Verfahren eingesetzt
hätten das im Internet-Jargon "opt-in" genannt wird. Gleichzeitig haben
Sie nach unseren Informationen am 6.5.'99 im EU-Parlament aber GEGEN
ein Banning von Unsolicited Commercial E-Mail im E-Commerce-Richtlinien-
entwurf gestimmt. Nun wird bedauerlicherweise ein opt-out Verfahren
angestrebt. (Begriffsdefinitionen und Hintergrund-Informationen finden Sie
z.B. auf http://www.vibe.at/spam_def.html)

Bei der Gelegenheit komme ich auch nicht umhin zu erwähnen, dass viele
User ihre Wahlkampagne auf http://www.wahl99.at/(o)e-vp/newuser.html
an Multi Level Marketing erinnert.


Frage 3. zu ENFOPOL ist für uns auch sehr unzulänglich beantwortet. Hier
hätten wir uns ebenfalls einen klareren Standpunkt gewünscht.


Genauso bei Frage 6.: Neben der digitalen Signatur hatten wir Sie auch
nach Ihrer Position zu einer allfälligen Krypto-Regulierung gefragt.


In direktem Zusammenhang steht dann auch die Frage 7. zu ECHELON.
Wir haetten gerne Ihre Meinung zu den STOA-Reports gekannt. "EINE
BEWERTUNG DER TECHNOLOGIEN FÜR EINE POLITISCHE KONTROLLE"
aus dem September 1998 ist auf den EU-Servern zu finden:
http://www.europarl.eu.int/dg4/stoa/de/publi/166499/execsum.htm
Den neue, noch ausführlichere Report dazu ist meines Wissens für die EU-
Bürger bislang nur auf http://www.gn.apc.org/duncan/ic2000.htm und den
mirror-sites zu finden.

Wie Sie vielleicht gehört haben, hat der Direktor des australischen Defence
Signals Directorate in den letzen Tagen die Rolle Australiens in der sog.
UKUSA-Alliance gegenüber einem Fernsehkanal schriftlich zugegeben. Damit
ist die ECHELON-Existenz erstmals ganz offiziell. Neben den USA spielt das
EU-Mitgliedsland UK dabei eine wichtige Rolle. Ich Frage Sie im Namen von
VIBE.AT welche Schritte Sie bzw. Ihre Fraktion nun unternehmen wollen,
da Sie in Ihrem Schreiben ja die Ansicht vetraten, ein solches Abhörsytem
"würde sicherlich gegen bestehende Datenschutzrichtlinien verstoßen."

(s. dazu auch http://futurezone.orf.at/futurezone.orf?read=detail&id=1287)


Wir bedanken uns nochmals für Ihre bisherigen Antworten und sind
schon sehr auf Ihre weiteren Ausführungen gespannt.

Mit freundlichen Grüssen,

Peter Kuhm


PS: Für allfällige Rückfragen stehen wir unter mailto:info@vibe.at 
natürlich jederzeit gerne zur Verfügung

-- 
P e t e r  K U H M
mailto:peter.kuhm@vibe.at
Verein für Internet-BEnutzer Österreichs (.AT)  http://www.vibe.at/

Antwort auf die Nachfrage

Message-Id: <s7579dec.044@europarl.eu.int>
Date: Fri, 04 Jun 1999 09:35:11 +0200
From: "Ursula Stenzel" <ustenzel@europarl.eu.int>
To: peter.kuhm@plus.at
Subject: Re: Anfrage betreffend Ihre EU-Kandidatur

Sehr gehrter Herr Kuhm !

Haben Sie vielen Dank für die Zusendung Ihrer Nachricht ! Wie sie
festgehalten haben, konnten wir auf Grund technischer Probleme keine
Versendung durchführen.
Ich möchte zu Enfopol noch etwas ergänzen:
Die Überwachung mit richterlichen Beschluß hat sich bisher als sehr
effizientes Mittel der Strafverfolgung  bei schweren Verbrechen
herausgestellt. Es ist ja im Intreresse der Bürger, daß die Strafverfolgung
von schweren Verbrechen ermöglicht wird und die Bevölkerung vor Tätern
geschützt wird. Es geht nach einigen Vorstellungen darum, dieses erprobte
Mittel der Strafverfolgung auf neue Technologien auszuweiten - 
Für Österreich bleibt aber immer der Garant die österreichische STPO, die
eindeutig die Bedingung des richterlichen Erlasses manifestiert!!
Daran wird überhaupt keine Entschließung des Rates ändern, da diese, wie
schon früher erwähnt, überhaupt keine Rechtsbindung entfaltet. Die einzige
Möglichkeit wäre eine  Zusammenarbeit im justitiellen Bereich, in  Form
eines Rechtshilfeübereinkommens, aber auch da wird die österreichische STPO
nicht angetastet werden. Wir setzen  uns auch weiterhin für den Schutz der
Privatsphäre ein.

e-commerce:
Das EP hat die bisherigen Realitäten auch auf einen künftigen Rechtsrahmen
übertragen und eine wirkungsvolle Möglichkeit geschaffen, unerwünschte
Reklame zu verhindern. Im Artikel 11 der Entschließung A4 - 0248/99 -...l
die Zusendung unerbetener kommerzieller Kommunikation durch elektonische
Post nicht zulässig ist, wenn der Empfänger  dagegen Einspruch erhebt und
das die Einführung  von Filtersystemen wie die sog, Robinson Liste
erleichtert werden. Der Verbaucher darf nicht gegen seinen Willen gezwungen
werden,  mit der kommerziellen Kommunikation konfontiert zu werden.


Ich hoffe Ihnen geholfen zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen aus
Brüssel 

Werner Sattlegger, Assistent von Ursula Stenzel

verirrte Antwort per Brief-Post (Danke an Berhard Oehmer fürs Abtippen)

From:    Ursula Stenzel
To:      "peter.kuhm@plus.at"@BXL40.INETBA
Date:    Thu, May 27, 1999 5:45 PM
Subject: Re: Anfrage betreffend Ihre EU-Kandidatur


Sehr geehrter Herr Kuhm,

Ich bitte um Verständnis für die verspätete erste Antwort Ihrer
Anfrage und erlaube mir auf Ihre ergänzenden Frage noch einige
Ausführungen:

1. opt-in

Die Zusendung ungebetener kommerieller Kommunikation war schon bisher,
bei der traditionellen Postzustellung, ein Thema. Zum einen sind
Werbemittel verfassungsrechtlich gesehen ein Teil des Grundrechts auf
Meinungsfreiheit, andererseits ein maßgebliches Instrument auf
Sicherung der Transparenz der Angebotseite der freien Marktwirtschaft.
  Dennoch darf der Verbraucher nicht gegen seinen Willen gezwungen sein,
sich mit jeder kommerziellen Kommunikation zu konfrontieren - ähnlich
verhält es sich bei dem elektronischen Geschäftsverkehr! Das
Europäische Parlament hat diesen Überlegungen Rechnung getragen und
seiner Entschließung, A4-0248/99 über die rechtlichen Aspekte des
elektronischen Geschäftsverkehrs, ganz klar in Artikel 7 Absatz 1
festgehalten, daß "die Mitgliedstaaten sehen in ihren
Rechtsvorschriften vor, daß durch elektronische Post übermittelte
unerbetene kommerzielle Kommunikation klar und unzweideutig als solche
bezeichnet sind."
  In Artikel 11 ist ebenfalls angeführt, daß diese Richtlinie die
Mindestvorschriften enthalten, daß die Zusendung ungebetener
kommerzieller Kommunikation durch elektronische Post nicht zulässig
ist, wenn der Empfänger dagegen Einspruch erhebt und daß die
Einführung von Filtersystemen wie die sog. Robinson Listen gefördert
und erleichtert werden.

Das bedeutet, das EP hat die bisherigen Relitäten auch auf einen
künftigen Rechtsrahmen übertragen und eine wirkungsvolle Möglichkeit
geschaffen, unerwünschte Reklame zu verhindern.

2. krypto-regulierungen

Eine Verschlüsselung  dient bestimmten Teilnehmern zu dem Zweck, daß
bestimmte Informationen nur für  einen gewissen Kreis von
Datenempfängern  zugänglich  ist. Das ist dann der Fall, wenn ein
eigenes Netz vorhanden ist, die Teilnehmer bekannt sind und man daher
von einem geschlossenen System reden kann. Dies wird vor allem von
Banken oder anderen Instituten verwendet, damit einer Überwachung
vorgebeugt werden kann. Auf europäischer  Ebene wird ein solches System
zum Beispiel von der EZB verwendet, damit Spionageversuche oder andere
Formen der Überwachung  keine Chanche haben.

3. echelon

Die erwähneten  Berichte sind natürlich  bekannt und es wird auch nicht
in Abrede gestellt, daß  die technischen Möglichkeiten  für  intensive
Überwachungen  bereits gegeben sind.
Die Bemerkung über  das weltweit existierende Abhörsystem  wurde
verstanden; daß  dieses System weltweit zu jeder Stunde und an jedem Ort
jede Kommunikation überwachen  kann - einem solchen System fehlen aber
sicherlich die notwendigen Ressourcen!
  Nichts nesto weniger werden wir im EP sehr wachsam sein und die 
weitere Entwicklung sehr sorgsam beobachten. Wir werden politischen
Druck mit Anfragen an den Rat ausüben  und uns weiterhin dafür
einsetzen, daß strenge Maßstäbe   für  die Überwachung  der privaten
Kommunikation notwendig sein werden - so wie jetzt nur mit richterlichem
Befehl.

In der Hoffnung gedient zu haben verbleiben wir mit freundlichen
Grüßen.

connected by Silver Server Member of GILC European Digital Rights Big Brother Awards Austria
http://www.vibe.at/aktionen/199905/eu_wahl_oevp.html
Anfragen und Kommentare an: info@vibe.at
zuletzt aktualisiert: Monday, 23-Aug-1999 21:59:02 CEST