Antwort von Hannes Swoboda (SPÖ)
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Hannes Swoboda
EU-Abgeordneter der SPÖ |
Anmerkung:
Zur besseren Lesbarkeit habe ich die ursprünglichen Fragen zwischen die Antworten hineingestellt. Die Antworten wurden aus dem Word-Pad-Format konvertiert (Helmut Wollmersdorfer, 07.06.1999).
Date: Mon, 07 Jun 1999 17:27:57 +0200 From: "Johannes Swoboda" <jswoboda@europarl.eu.int> To: peter.kuhm@plus.at Subject: Re: Fwd: Anfrage betreffend Ihre EU-Kandidatur Sehr geehrter Herr Peter Kuhm, finden Sie bitte anbei meine Antworten auf Ihre sieben Fragen. Mit freundlichen Grüßen, Hannes Swoboda. ============cut and paste aus wordpad============== |FRAGENKATALOG: |Hinweis: |Beantworten Sie bitte jede Frage separat von den anderen Fragen, |damit uns eine systematische Gegenüberstellung der Antworten |möglich ist. |1. Frage: |- --------- |Welche Chancen sehen Sie für die Zukunft der Demokratie |und der Gesellschaft durch die Nutzung des Internet? Zu Frage 1: Internet und Demokratie. In Österreich stehen wir mit dem Internet erst am Beginn einer hoffnungsvollen Entwicklung. Das Internet ist nicht nur ein nicht mehr wegzudenkendes, modernes Kommunikationsinstrument geworden, sondern zugleich auch ein wichtiger Wachstumsmarkt. Für mich als Sozialdemokraten stellt sich jedoch nicht nur die Frage nach Chancen sondern auch nach der Chancengleichheit. Ziel muß es sein, das "Netz zu demokratisieren" und somit möglichst vielen Menschen die Partizipation an der Zukunft zu ermöglichen. |2. Frage: |- --------- |Wie stehen Sie bezüglich unverlangter Werbe-Email (UCE, "Spam", |"Junk Mail") zum aktuellen EU-Richtlinienentwurf, welcher |Opt-Out ("Robinsonlisten") vorsieht? Zu Frage 2: Unverlangte Werbe- Emails. Unverlangte Werbe- Emails stellen zweifelsohne eine Belästigung dar. Der sogenannte "Oddy- Bericht" des Europäischen Parlaments zum EU- Richtlinienentwurf "Elektronischer Geschäftsverkehr" hat sich diesem Thema ernsthaft angenommen. Persönlich halte ich die darin formulierte Opt-out- Regelung zunächst für ausreichend, sollten aber zukünftige Erfahrenswerte das Gegenteil beweisen, müßten neue Regelungen zum Schutz der Konsumenten erwogen werden. |3. Frage: |- --------- |Welche Meinung vertreten Sie zu Enfopol und |zum Lauschangriff auf elektronische Netzwerke? Zu Frage 3: Enfopol versus Lauschangriff Ich möchte bei diesem heiklen Thema "Enfopol" zunächst einige Klarstellungen voranschicken. Die Enfopol- Entschließung des Rates vom 17. Jänner. 1995 hat nicht zum Ziel, auf europäischer Ebene eine umfassende Überwachung des Telekommunikationsverkehrs und des Internets zu starten. Dies wäre auch rechtlich gar nicht möglich, da intergouvermental geregelt. Kommunikation über Fax, Handy oder Internet unterliegt in allen Mitgliedstaaten aufgrund der nationalen Gesetzgebung weiterhin dem strengen Schutz der Privatsphäre. Mit der Enfopol- Richtlinie richtet der Rat an die einzelnen Mitgliedstaaten nur einen ideellen Anforderungskatalog, der im wesentlichen zwei Punkte berücksichtigt. A. Wettbewerbsnachteile im Binnenmarkt, die bei nationalen Kommunikationsanbietern im Rahmen von Auskunftsanfragen entstehen könnten, durch zwischenstaatliche Vereinbarungen im vorhinein auszumerzen. B. Bei nationalstaatlich motivierten, grenzüberschreitenden Rechtshilfeersuchen sollte mit Hilfe eines konkreten Rechtsrahmens klargestellt werden, was unter Überwachung zu verstehen ist. Das Europäische Parlament hat zusätzlich im sogenannten "Schmid- Bericht" den Bedenken vieler Konsumenten mit Abänderungsanträgen (in zwei Lesungen) Rechnung getragen. Das entgültige und modifizierte Enfopol-"Papier" wird voraussichtlich erst unter der Finnischen Ratspräsidentschaft beschlossen werden. |4. Frage: |- --------- |Sehen Sie Bedarf für eine gesetzliche/behördliche Regulierung |des Internet? Zur Frage 4: Gesetzliche Regulierung des Internet? Das Internet ist zweifelsohne ein neues und aufregendes Medium. Zuviel Regulierung würde dessen Spontanität sicherlich schaden. Doch gibt es meiner Meinung nach Bereiche, wo eine gesetzliche Regulierung unabdingbar erscheint.- Kinderpornographie und Internationale Kriminalität ( z. B. Geldwäsche, bzw. Steuerhinterziehung). In diesen Fällen darf und kann das Netz keinen rechtsfreien Raum darstellen. |5. Frage: |- --------- |Wie soll die öffentliche Hand in Zukunft das Internet nutzen |und wie sollen davon die Bürger profitieren? Zur Frage 5: Öffentliche Hand und Bürger via Net Gerade das Internet könnte die Kommunikationshierarchie zwischen der Bürokratie und den Bürgern entscheidend "verflachen", folglich demokratisieren. So sollten einerseits die verwaltungsinternen Abläufe beschleunigt werden, andererseits sollten öffentliche Initiativen, möglichst allen Bürgern idealerweise leichteren Zugang zur Internetnutzung bieten. |6. Frage: |- --------- |Welche Meinung vertreten Sie bezüglich der Verwendung |von Verschlüsselung (Kryptografie) und elektronischer |Unterschrift (digitale Signatur)? Zur Frage 6:Verschlüsselung und digitale Signatur Die digitale Signatur ist ein unabdingbarer Schritt in Richtung elektronischer Geschäftsverkehr. Sowohl Sender als auch Empfänger müssen im Internet-Geschäftsgebahren ein Höchstmaß an Rechtssicherheit haben. Die Verschlüsselung bildet dabei in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Zertifizierungsdiensten einen wichtigen Baustein. Europaweit sollten diese Dienste flexibel (unter Berücksichtigung der nationalen Eigenheiten im Datenschutz) harmonisiert werden, um nicht den Binnenmarkt zu gefährden. Zusätzlich sollte Europa (ähnlich wie beim GSM- System für Mobiltelefone) versuchen, auch weltweit im elektronischen Geschäftsverkehr einen hohen Rechtssicherheitsstandard zu setzen. |7. Frage: |- --------- |Bezweifeln Sie die Existenz eines weltweiten Abhörsystems, |welches unter der Bezeichnung ECHELON durch die Medien ging? |Würde ein derartiges Spionage-Netzwerk unter Beteiligung eines EU-Mitglieds |den EU-Datenschutzrichtlinien, die die Rechte und die Freiheit natürlicher |Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und insbesondere ihr |Recht auf Privatsphäre sicherstellen soll, zuwiderlaufen? Zur Frage 7: Echelon Anfang Jänner 1998 veröffentlichte Steve Wright seinen Artikel über Echelon in der STOA-Zeitschrift. Mitte März 1998 stand der zuständige Kommissar Bangemann dem Parlament zu diesem Thema Rede und Antwort. Während der STOA-Artikel die Existenz von Echelon als gegeben annimmt, verneint die Kommission jegliche, diesbezügliche Kenntnisse. Es erscheint mir persönlich schwierig, aus meiner politischen Einschätzung heraus, definitiv zu behaupten, Echelon existiert oder Echelon sei ein Hirngespinnst. Ich möchte jedoch gerade vor dem sich intensivierenden US-amerikanischen Wettbewerb mit Europa keinerlei Denkannahmen von vornherein ausschließen. Beispielsweise sind mehrere Fälle amerikanischer Werksspionnage in Europa aktenkundig. Für besonders gefährlich halte ich zudem, die im STOA- Bericht antizipierte, mögliche Beeinträchtigung des persönlichen Telekommunikationsverkehrs. Die EU muß zukünftig gerade für die neuen Medien Regeln finden, die den Datenschutz als höchstes, demokratisches Gut kontinuierlich gewährleisten. Mittlerweile liegt dem Europäischen Parlament auch der neue STOA-Folgebericht vor. Grund genug, im neuen Plenum zum Themenkomplex "Echelon" eine vertiefende Debatte zu starten.
http://www.vibe.at/aktionen/199905/eu_wahl_spoe.html
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zuletzt aktualisiert: Monday, 23-Aug-1999 21:59:02 CEST