Antwort von Walter Baier (KPÖ)

Hammer und Sichel Walter Baier
EU-Kandidat der KPÖ
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: KPÖ Bundesvorstand <kpoe.buvo@magnet.at>
An: wollmersdorfer@aon.at <wollmersdorfer@aon.at>
Datum: Mittwoch, 26. Mai 1999 09:39
Betreff: Ihre Anfrage!


Betrifft: Anfrage

Sehr geehrter Herr Wollmersdorfer!

Lassen Sie mich einleitend kurz darlegen, daß ich selbst bezüglich der
vielschichtigen und komplexen Probleme der Nutzung des Internets kein
Experte bin und daß - so meine Meinung - auch die KPÖ als Partei hier noch
einigen Nachholbedarf hat. Auf Ihre Fragen kann ich daher oftmals nur sehr
allgemeine Antworten geben, die sich von meiner politischen Sichtweise der
Realität herleiten. 


1. Frage:
- ---------
Welche Chancen sehen Sie für die Zukunft der Demokratie und der
Gesellschaft durch die Nutzung des Internet?

1.) Internet ermöglicht, rasch umfassende Informationen weltweit zu
verbreiten. Daß dies auch ein mehr an Demokratie bewirken kann, ist klar.
Der Zugang zum Internet ist jedoch meines Wissens noch ein Privileg des
reichen Westens und Nordens und von der Benutzerstruktur sehr
männerdominiert. Viele Menschen haben in unserer Gesellschaft nicht einmal
genug Geld, um zu leben. Warum sollten die auch noch Geld für einen PC
ausgeben, der um einiges mehr kostet als eine neue Waschmaschine oder ein
Fernseher. Die Telefonkosten und Gebühren für die Internetprovider sind
zwar gesunken, sodaß der Zugang für den Mittelstand leistbar wurde. Vielen
Menschen ist der Zugang zur Informationsgesellschaft aber nach wie vor
verwehrt. Hier müssen Überlegungen angestellt werden, wie eine
Demokratisierung zu ermöglichen ist. Das Internet kann und darf zugleich
nicht die Politik bzw. politische Institutionen und Entscheidungsprozesse
ersetzen.


2. Frage:
- ---------
Wie stehen Sie bezüglich unverlangter Werbe-Email (UCE, "Spam", "Junk
Mail") zum aktuellen EU-Richtlinienentwurf, welcher Opt-Out
("Robinsonlisten") vorsieht?

2.) Unverlangt versendete Werbe-Emails lehne ich ab. Werbung im Internet
ist als eine Form von Werbung insgesamt zu sehen und muß daher auch nach
Maßnahmen zur Einschränkung unerwünschter und überflüssiger Werbung
reglementiert werden.


3. Frage:
- ---------
Welche Meinung vertreten Sie zu Enfopol und zum Lauschangriff auf
elektronische Netzwerke?

3.) Die KPÖ lehnt den Ausbau des Überwachungsstaates aus prinzipiellen
Gründen ab. Lauschangriff durch Erfassung von Benutzerdaten durch
multinationale Konzerne wie Microsoft etc. lehnen wir ebenso ab wie durch
staatliche Organisationen.


4. Frage:
- ---------
Sehen Sie Bedarf für eine gesetzliche/behördliche Regulierung des Internet?

4.) Meines Wissens wird eine gesetzliche/behördliche Regulierung des
Internets nur schwer möglich sein. Um kein Mißverständnis aufkommen zu
lassen: ich sehe auch gar keinen Grund für eine gesetzliche Regulierung
des Internet. Das Internet sollte dem Informationsaustausch dienen,
kommerzielle Aspekte sollten eine untergeordnete Rolle spielen.


5. Frage:
- ---------
Wie soll die öffentliche Hand in Zukunft das Internet nutzen und wie
sollen davon die Bürger profitieren?

5.) Kommunen, Länder und der Staat sollen das Internet vermehrt 
zur Abwicklung verschiedenster bürokratischer Formalitäten
nutzen. Hier wäre eine Initiative des öffentlichen Sektors möglich und
notwendig, d.h.: freier Internetzugang für alle, wie es in Dänemark für
alle Bürger jetzt schon realisiert wird.
In Österreich sind Menschen, die nicht ans Internet angebunden sind,
benachteiligt. So werden z.B. für schriftliche Auskünfte an Behörden nach
wie vor 180.- Gebühr eingehoben, für email-Anfragen ist
dies gratis. Gerade die sozial Benachteiligten müssen also zahlen. In
Zukunft soll es möglich sein, in Österreich Behördenwege online zu
erledigen.



6. Frage:
- ---------
Welche Meinung vertreten Sie bezüglich der Verwendung von Verschlüsselung
(Kryptografie) und elektronischer Unterschrift (digitale Signatur)?

6.) Die Verschlüsselung von Nachrichten halte ich für legitim. 


7. Frage:
- ---------
Bezweifeln Sie die Existenz eines weltweiten Abhörsystems, welches unter
der Bezeichnung ECHELON durch die Medien ging? Würde ein derartiges
Spionage-Netzwerk unter Beteiligung eines
EU-Mitglieds den EU-Datenschutzrichtlinien, die die Rechte und die
Freiheit natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten
und insbesondere ihr Recht auf Privatsphäre sicherstellen soll,
zuwiderlaufen?

7.) Ich bin - wie schon erwähnt - wahrlich kein Experte bezüglich neuer
Medien und des Internets. Die Existenz eine weltweiten Abhörsystems würde
mich jedoch nicht überraschen. Daß ich aus prinzipiellen Gründen gegen die
staatliche Kontrolle und Überwachung von Personen und Personengruppen
eintrete, habe ich schon erwähnt.

mfg
walter baier
spitzenkandidat der kpö zur eu-wahl


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zuletzt aktualisiert: Wednesday, 15-Dec-1999 13:40:42 CET