[Update: Internet-Beirat: Problemfelder für die Benutzbarkeit von Homepages (12. März 2002)
Forderung nach behindertengerechten Websites - schnelle Reaktion des BMBWK (21. Feb. 2002) ]

11. Februar 2002

Weitersurfen bitte - hier gibt es nichts zu sehen!

Benutzbarkeitstest

Das offizielle Österreich arbeitet fieberhaft an der Einführung des E-Government. Am laufenden Band gibt es Meldungen über erreichte Meilensteine, und bald sollen Bürger ihre Amtswege elektronisch erledigen können. Die Bürgerkarte wird eingeführt, die erste rechtsgültige elektronische Signatur mit qualifizierten Zertifikaten und einem sicheren elektronischen Signaturverfahren gelangt im Postamt zum Verkauf, Ministerien arbeiten mit Hochdruck an der Bürgerfreundlichkeit ihrer Internetpräsenzen.

Mit dem E-Government gewinnen die Webpräsenzen der österreichischen Ministerien immer mehr an Bedeutung. Umfassende Informationen sollen hier ebenso angeboten werden wie elektronische Interaktionen mit den Behörden.
VIBE!AT nimmt dies zum Anlass und untersucht wie sehr die Homepages der öffentlichen Hand die Grundvoraussetzungen für eine Benutzung durch alle Bürgerinnen und Bürger erfüllen. Hierbei wird vor allem auf die Bedürfnisse blinder und sehbehinderter Menschen sowie auf sicherheitsbewusste Browsereinstellungen Rücksicht genommen.

Eine Erläuterung der Anforderungen für die Benutzbarkeit von Homepages findet sich unter Ein Web für alle. Zu den Sicherheitsrisiken bei der Benutzung von JavaScript zählen beispielsweise Möglichkeiten zum Ausspionieren von lokal gespeicherten Dateien. Weitere Informationen dazu bieten die am Ende dieses Artikels verlinkten Seiten.

Viele der Anforderungen für Benutzbarkeit, wie beispielsweise die Umsetzung der Richtlinien der Web Accessibility Initiative (WAI) des World Wide Web Consortiums für öffentliche Websites, wurden auf der Tagung des Europäischen Rates am 19./20. Juni 2000 in Feira im Rahmen des Aktionsplans e-Europe 2002 als Ziel mit einem Realisierungszeitraum bis Ende 2001 beschlossen.
Die Umsetzung dieses Vorhabens ist bei den einzelnen Ministerien bisher sehr unterschiedlich weit gediehen.

Spitzenreiter in der Umsetzung sind das Justiz- und das Innenministerium. Sie bieten auch für Benutzer von textbasierten Browsern (wie beispielsweise Braille-Lesegeräten) eine gute Navigierbarkeit ohne dafür eine eigens gestaltete Version anbieten zu müssen. Die Seiten des Innenministeriums würden zwar gerne JavaScript verwenden, dies ist aber nicht Voraussetzung um die gebotenen Informationen abzurufen.

Das Verteidigungsministerium pflegt zwar nicht unbedingt den sympathischsten Tonfall - "Es empfiehlt sich, JavaScript im Browser zu aktivieren !!!" - dafür kann man diese Empfehlung getrost ignorieren. Die Seiten bleiben auch ohne JavaScript weitgehend benutzbar. Die drop-down-Boxen die den Zugang zu den Neuigkeiten bieten sollen verlieren dabei allerdings ihre Funktionalität. Ein Umweg über die "Suchen"-Funktion hilft hier aber weiter. Auf Cookies wird auf diesen Seiten gänzlich verzichtet. Insgesamt sind die Seiten ausreichend navigierbar, eine konsequente Anwendung von Alternativtexten für Bilder wäre aber wünschenswert.

Ähnlich dem Verteidigungsministerium kann man auch beim Bundeskanzleramt die angebotenen JavaScripts getrost ablehnen sofern man sich damit zufrieden gibt die Inhalte von "Wir informieren über" per Suchfunktion zu ergründen. Die Suchfunktion möchte zwar unbedingt Cookies setzen, wofür diese gebraucht werden ist aber nicht erkenntlich da die Funktionalität auch ohne selbige gegeben ist. Die "Datenschutz"-Seiten gehen mit gutem Beispiel voran und bieten neben einer guten Navigierbarkeit auch nähere Informationen über die Bemühungen um blinde Benutzer und die Anforderungsstandards des W3C für Webseiten. Der "Fachbereich Kunst" sticht aus den Seiten des Bundeskanzleramts leider durch Bilder ohne Alternativtexte und unzureichend benannte Frames heraus, was die Nutzung dieser Seiten zur Qual werden lässt.

Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie verfügt über eine ausreichend gut navigierbare Homepage und muss daher keine gesonderte Version für textbasierte Browser anbieten. Der Verzicht auf das angebotene JavaScript führt zu keiner Einschränkung der Funktionalität. Als Wermutstropfen beeinträchtigen die Seiten zum Patentwesen diesen Internetauftritt. Dort stößt man auf ein Frameset mit acht völlig unzureichend benannten Frames (Fix1 - Fix8). Auf einen Versuch dort Informationen zu suchen wurde dankend verzichtet.

Ähnlich gestaltet sich ein Besuch auf den Seiten des Bundesministeriums für öffentliche Leistung und Sport. Die angebotene Textversion ist gut navigierbar und versucht weder Cookies noch JavaScript aufzudrängen. Aber auch hier gibt es Qualitätsunterschiede. Folgt man dem Link zur IKT-Strategie des Bundes wird man mit einem Frameset konfrontiert, das nur eine eingeschränkte Benutzung des Angebots zulässt. Ebenso ergeht es einem beim Link zur Verwaltungsakademie des Bundes, nur dass man dort mit einem textbasierten Browser bei der Auswahl eines Frames immer wieder zum Anfangsframe zurückgeschickt wird. Hier ist man offensichtlich nicht erwünscht.
Der Link zur Gruppe Sport führt zu einem neunteiligen Frameset. Die Namen der Frames sind ausgesprochen uninformativ gewählt weshalb ein weiterer Versuch Informationen zu erhalten unterlassen wurde. Wenn man Netscape 4.x oder einen vergleichbaren Browser installiert soll es aber angeblich besser sein. Für Alle?

Besucht man die Seiten des Ministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft freut man sich vorerst über eine "Noframe"-Version. Diese Version ist aber leider bestenfalls zur Basisnavigation geeignet. Verzichtet man nämlich auf JavaScript wird man häufig mit Links konfrontiert die ihre Funktionstüchtigkeit eingebüßt haben. Schade, denn auch sicherheitsbewusste Bürger könnten an den vorhandenen Inhalten interessiert sein.

Sehr ähnlich sieht die Seite des Finanzministeriums aus, die zwar Frames benutzt, diese aber dafür halbwegs nachvollziehbar bezeichnet. Sehr störend wirkt hier allerdings, dass zwar jede Menge Formulare zum Download bereit stehen, diese aber ohne JavaScript nicht zugänglich sind. Genauer gesagt sind diese Formulare lediglich mit dem Internet Explorer erreichbar und können nur online und nicht auf der lokalen Festplatte gespeichert werden. Ein zwischenzeitliches Ablegen am eigenen Rechner zur späteren Weiterbearbeitung ist also nicht möglich.

Die Republik Österreich befleißigt sich im Vergleich zum Verteidigungsministerium zwar eines freundlicheren Tonfalls und heißt ihre Besucher willkommen, die Erklärung, dass man auf diesen Seiten "<!-- ATTENTION: short description goes here -->" findet ruft allerdings etwas Verwunderung hervor. Das Frameset gliedert sich aber halbwegs nachvollziehbar in "topnav" und "main" wodurch man zumindest nicht völlig abgeschreckt wird. Folgt man dem Frame "main" erblickt man eine etwas halbherzige Verwendung von Alternativtexten, aber ansonsten eine durchaus verwendbare Seite. Mit den Seiten, die über den Frame "topnav" erreichbar sind verhält es sich ähnlich. Folgt man allerdings dem Link zur "Österreich Plattform" sieht man sich elf Frames gegenüber, die zwar etwas knapp aber wohl nicht zu Unrecht mit "no frames - no glory!" erläutert werden. Nun über so viel "Herrlichkeit" verfügen wir einerseits nicht und andererseits finden wir das Ganze ohnehin eher gloomy weshalb wir uns von der virtuellen Republik Österreich an dieser Stelle verabschieden.

Unsere Reise führt uns weiter zum Ministerium für soziale Sicherheit und Generationen wo wir den Hinweis "Frames required!" ignorieren und nicht über "MainFrame" sondern über "MenuFrame" zu einer Reihe von Links gelangen. Für unseren Test ist natürlich besonders interessant, was sich hinter dem Link "Behinderung" verbirgt, weshalb wir diesen sofort wählen und nun zu einer Seite mit einem einzigen URL gelangen, der das Wort "relaunch" beinhaltet. Gespannt auf das neue Design folgen wir diesem Link und freuen uns daraufhin über "Frames required!". Das zeugt von einer durchgehenden Planung, weshalb wir auch diesmal wieder den "MenuFrame" wählen und in weiterer Folge tatsächlich Informationen über die "Umfassende Integration behinderter Menschen" abrufen können. Dankeschön!

Das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten erfreut den Besucher auf den ersten Blick mit einer brauchbaren Startseite. Folgt man einem der dort angeführten Links kommt man allerdings zu einem Frameset, dessen einzelne Frames derart aussagelos benannt sind, dass die weitere Benutzung zur Qual wird da man noch dazu mehrere dieser Framesets durchschiffen muss um zu den Inhalten zu kommen.

Wie man das ja beinahe schon gewohnt ist verwendet auch das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit JavaScript um drop-down-Boxen zu realisieren, womit diese in unserem Test nicht verwendet werden konnten. Darüber hinaus erhält man bei der Suchfunktion ohne Cookies nur die erste Ergebnisseite und manche Informationen, wie beispielsweise das Euro-Preisbarometer, liegen nur als Grafik vor, womit sie Benutzern von textbasierten Browsern generell entzogen werden. Benutzer von solchen Browsern sind hier aber scheinbar ohnehin nicht erwünscht. Wagt man den Besuch dennoch so ist man, der ausufernden Verwendung von Frames und dem ebenso ausufernden Verzicht auf Alternativtexte bei Grafiken wegen, so gut wie hilflos.

So wendet man sich also dem Amtsführer im Internet zu, wo man auch prompt von einem Frameset begrüßt wird. Intuitiv entscheidet man sich, ob man als "Bürger" oder "Unternehmer" Hilfe sucht und stellt fest, dass die Gleichbehandlung auch hier bereits um sich gegriffen hat. Denn egal wie man sich entscheidet erhält man eine leere Seite als Belohnung. Also wieder zurück zum Anfang und "glossar" bzw. "glossar-b" ausgewählt und schon ist man bei einer Auflistung der verschiedenen Themenbereiche, die noch dazu ordnungsgemäß verlinkt sind. Wählt man ein Thema aus und folgt sodann dem Frame "volltext" darf man sich auch sofort über eine Suchmaske freuen. Weitere Informationen gibt es hier nicht. Also wieder einen Schritt zurück und den Frame "rechts" gewählt. Nun ist es soweit. Als Gewinner der Schnitzeljagd hat man sich die Informationen redlich verdient und darf sie nun genießen.
Diese Seiten sind ein Musterbeispiel dafür, wie falsch benannte Frames in die Irre führen können.

Abschließend kommen wir nun zum Schlusslicht bezüglich Benutzbarkeit, dem dieser Artikel auch seinen Namen verdankt. Besucht man das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur mit deaktiviertem JavaScript und ohne Cookie-Funktion so sah man dort bis vor wenigen Tagen nichts. Eine leere Seite. Kein Text, keine Grafik, nichts. Mittlerweile wird man dort darauf hingewiesen, dass eine zugängliche Version "demnächst" zur Verfügung gestellt werden wird.
Aktiviert man JavaScript und lässt Cookies weiterhin vom Browser ablehnen gelangt man zu einer Informationsseite, auf der man belehrt wird, dass Cookies eingesetzt werden "um höchstmögliche Bedienerfreundlichkeit zu bieten und unser Service weiter verbessern zu können." Dafür werden die Daten die dadurch anfallen aber "bei uns nicht registriert, gespeichert, weiterverarbeitet oder weitergegeben."
Dass es nicht ganz nachvollziehbar ist, wie Daten, die weder gespeichert noch weiterverarbeitet werden dazu dienen sollen das Service weiter zu verbessern (bedarf es dazu nicht einer Auswertung und damit Weiterverarbeitung der Daten?) sei nur am Rande erwähnt. Wir beenden jedenfalls den Versuch hier Informationen zu erhalten und wenden uns angenehmeren Internetauftritten zu.

Nähere Informationen zu Usability findet man auf folgenden Seiten:

Informationen zu den Sicherheitsrisiken durch JavaScript finden Sie hier:


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zuletzt aktualisiert: Sunday, 26-Mar-2006 10:47:19 CEST