Usenet - Was ist das, und wie kann man es kontrollieren?
Inhalt
- Der technische Aufbau des Usenet: Versuch einer nicht-technischen Erklärung
- Wichtige Merkmale des Usenet
- Fachbegriffe des Usenet
Der technische Aufbau des Usenet: Versuch einer nicht-technischen Erklärung
Usenet ist ein weltweit verteiltes Netz von "Schwarzen Brettern", in denen über jedes nur erdenkbare Thema (und viele Themen, von denen man vorher nicht einmal wußte, daß es sie geben könnte) diskutiert wird.
Sie nehmen am Internet teil, damit haben sie auch Zugriff auf den Newsserver (das "Schwarze Brett") Ihres Providers. Wie Sie darauf Zugriff erhalten, finden Sie in den Unterlagen Ihres Providers. Wenn alles richtig konfiguriert ist, sollten Sie durch Anklicken des folgenden Links Zugriff auf den Newsserver, und zwar auf die Newsgruppe de.newusers.infos erhalten.
Dieses "Schwarze Brett" befindet sich lokal auf einem Server Ihres Providers, er stellt also Plattenplatz dafür zur Verfügung. Der Newsserver ist eines der Services, die von Ihrem Provider zur Verfügung gestellt weren, genauso wie etwa Mail oder WWW.
Das "Schwarze Brett" ist nun nach Themen gegliedert. Je nach Provider können dies mehrere tausend, oder auch mehrere zehntausend Themen sein. Jedes dieser Themen wird von einer sogenannten Newsgruppe repräsentiert. Wie bereits erwähnt, gibt es da alle möglichen und unmöglichen Themen: Von Hunden als Haustieren bis zur Weltpolitik, von Religion bis zum Stricken, von Fußball bis Sex. Einfach alles.
Was haben Sie nun davon? Nun, bleiben wir beim Beispiel "Hunde als Haustiere". Angenommen, Sie haben auch einen Hund und interessieren sich daher für dieses Thema. Sie sehen sich die entsprechende Newsgruppe (für den deutschsprachigen Raum wäre das de.rec.tiere.hunde näher an, und finden dort Artikel zu diesem Thema, die andere Leute geschrieben haben. Es kann sein, daß jemand von einem amüsanten Erlebnis mit seinem Hund berichtet, oder jemand beschreibt ein merkwürdiges Verhalten des Hundes, oder jemand fragt nach der optimalen Fellpflege für seinen Hund, oder ...
Ich schrieb gerade "Artikel". Das ist die grundlegende Einheit im Usenet: der Artikel. Ein Artikel wird von einer Person verfaßt und in die Newsgruppe geschrieben ("gepostet"). Diese Person - der Autor - ist für den Inhalt verantwortlich.
Wie kommt nun ein Artikel in die Newsgruppe, und wie kommt er auf den Newsserver Ihres Providers?
Spielen wir das an einem konkreten Beispiel durch:
Sie haben ein Problem mit Ihrem Hund, er begrüßt
nämlich alle Besucher viel zu stürmisch, und Sie
können ihm das nicht und nicht abgewöhnen. Also stellen
Sie eine Anfrage in der Newsgruppe. Da lesen tausende andere
Hundebesitzer mit, vielleicht weiß ja jemand eine
Lösung.
Sie formulieren also Ihre Fragen und "posten" sie in die Newsgruppe. Damit steht der Artikel einmal lokal auf dem Newsserver Ihres Providers zur Verfügung, und kann von anderen Kunden desselben Providers bereits gelesen werden. Das reicht aber nicht aus, schließlich sollen alle Interessenten an diesem Thema auf der ganzen Welt von Ihrer Frage erfahren.
Das passiert nun vollautomatisch: Jeder Newsserver ist mit einem
oder mehreren anderen Newsservern auf der Welt verbunden. Diese
Newsserver fragen sich nun regelmäßig:
"Hast Du neue Artikel für mich?"
"Ja."
"Gib her!"
"Da hast Du!"
Der Artikel wird also zum anderen Newsserver kopiert. Da alle
Newsserver so miteinander vernetzt sind, wird auf diese Art ein
Artikel sehr schnell (in Sekunden!) über die ganze Welt
verteilt.
Ihr Artikel mit der Frage zum Verhalten des Hundes wird also auf diese Art verteilt, und steht unter dem Thema "Hunde als Haustiere" auf allen Newsservern abrufbereit.
Nehmen wir an, in Australien sitzt jemand, der das Problem mit seinem Hund auch schon hatte, und es gelöst hat. Er könnte Ihnen die Lösung per Mail schicken, aber da es von allgemeinem Interesse ist, schreibt er auch einen Artikel und postet ihn auf den Newsserver seines Providers.
Kurze Zeit später trifft der Artikel auf Ihrem Newsserver ein. Irgendwann danach (ein paar Stunden, ein paar Tage) sehen Sie wieder nach, ob es neue Artikel gibt, und stellen fest, daß Ihnen da jemand einen Tip gegeben hat. Den können Sie jetzt ausprobieren - oder auch nicht. Denn inzwischen hat noch jemand (diesmal jemand aus London) einen Artikel geschrieben, in dem er den ersten Tip als völlig falsch bezeichnet hat, und eine andere Lösung vorschlägt.
Nun, für Ihren Artikel allein wäre es nicht notwendig, eine solche Infrastruktur aufzubauen. Es gibt aber einige Millionen Teilnehmer am Usenet, viele davon schreiben Artikel - andere lesen nur und nehmen so passiv am Usenet teil. Jeden Tag werden zigtausende Artikel zu den verschiedensten geschrieben und weltweit verteilt.
Wichtige Merkmale des Usenet
Usenet ist ÖFFENTLICH.
Jeder, der sich für das Thema interessiert, kann Ihren
Artikel lesen, Sie haben keinerlei Kontrolle darüber, wer
aller Ihren Artikel liest. Jeder, der will, kann auf Ihren Artikel
antworten, entweder privat per Mail, oder öffentlich mit einem
Artikel.
Usenet ist ein Massenmedium.
Sie erreichen genauso wie mit Zeitungen oder Fernsehen eine
unbestimmte, aber große Anzahl von Leuten.
Usenet hat keine zentrale Kontrolle.
Im Gegensatz zu Fernsehen und Zeitungen gibt es im Usenet keinen
Redakteur, der Ihren Artikel vor der Veröffentlichung
prüft. Damit gibt es auch keinen zentralen Medieninhaber. Eine
inhaltliche Verantwortung kann ausschließlich dem Autor
zugewiesen werden.
Usenet hat keinen Besitzer.
Jeder Newsserver ist physikalisch im Besitz des entsprechenden
Providers. Ein Newsserver allein ist aber nicht Usenet, Usenet ist
erst die Summe aller Newsserver, und entsteht durch die Kooperation
der Newsserver (und damit der Provider), die jeweils neuen Artikel
miteinander zu teilen und weiterzukopieren.
Usenet kann nur durch allgemeine Toleranz der Themen
bestehen.
Es gibt bei praktisch jedem Thema eine Mehrheit von Leuten, die
meinen, daß Diskussionen zu diesem Thema sinnlos,
blasphemisch, verbrecherisch, schwachsinnig oder pervers und damit
inakzeptabel sind. Weil das aber für alle Themen gilt, ist die
einzige Chance, auch über das Thema, das einem selber wichtig
ist, diskutieren zu können, auch alle anderen Themen bestehen
zu lassen. Das schöne ist, daß Sie jene Themen, die
für Sie nicht akzeptabel sind, ja nicht lesen und schon gar
nicht mitdiskutieren müssen, sie können diese Themen
problemlos ignorieren.
Usenet ist weltweit verteilt.
Nationale Gesetzgebung bezieht sich klarerweise auf den
Einflußbereich des jeweiligen Staates. Usenet ist aber nun
ein internationales Medium, dessen Inhalte binnen Sekunden weltweit
verteilt werden. Usenet hat - im Gegensatz zu physischen
Gegenständen - keine definierten Schnittstellen an Staatsgrenzen.
Damit ergibt sich, daß eine Kontrolle der grenzüberschreitenden
Informationen kaum möglich ist, was Vor- und Nachteile hat:
Während damit einerseits ein freier Meinungsaustausch ohne
staatliche Zensur möglich ist, können andererseits
Informationen, die gegen die Gesetze eines Staates verstoßen,
in diesem veröffentlicht werden. Nationale Gesetzgebung hat kaum
Wirkung in diesem Medium, nur eine gemeinsame, internationale
Gesetzgebung kann hier wirkungsvoll eingreifen.
Usenet ermöglicht anonyme Veröffentlichungen.
Im Usenet selbst ist jeder Artikel rückverfolgbar, es ist nur
eine Frage des Mitteleinsatzes. Es ist ein Irrglaube, wenn man
meint, nur weil man seinen Namen nicht dazuschreibt, wäre man
anonym. Es gibt aber sogenannte anonyme Remailer, die es erlauben,
wirklich anonym Artikel zu veröffentlichen.
Diese Anonymität ist in manchen Bereichen wichtig. Das
klassische Beispiel dafür sind Selbsthilfegruppen. Es kann
Betroffenen sehr wohl schaden, wenn bekannt würde, daß
sie da ein Problem haben oder hatten. Anonymität bietet hier
die Möglichkeit, öffentlich darüber zu diskutieren.
Fachbegriffe des Usenet
- Usenet
- Usenet ist sowohl die Summe aller Newsserver, die miteinander Artikel
austauschen, als auch die Summe aller Newsgruppen, deren Artikel
ausgetauscht werden. Es gibt mehrere Definitionsversuche, sowohl
auf sozialer Ebene (also: Wer ist Teilnehmer?) als auch technischer Ebene
(also: Was ist Bestandteil?), siehe z.B.
- What is Usenet? (von Chip Salzenberg, Gene Spafford und Mark Moraes)
- What is Usenet? A second opinion. (von Edward Vielmetti)
- Versuch einer Definition des Usenet (von Wolfgang Kopp)
- News (von Johannes Demel)
- Die Definition von Dejanews, der bekanntesten und wohl größten Suchmaschine für das Usenet
- Newsserver
- Ein Newsserver ist eine technische Einheit, die im wesentlichen zwei
Dienste zur Verfügung stellt:
- Austausch von Artikeln mit anderen Newsservern und damit weltweite Verbreitung von Artikeln
- Zugriff für Newsreader auf dieArtikel
- Newsreader
- Ein Programm, das es dem Anwender ermöglicht, an Usenet lesend und schreibend teilzunehmen. Typische Beispiele sind etwa Forte Agent, Netscape, Outlook Express, tin oder slrn.
Zum Abschluß ein Zitat von Wolfgang Kopp
<kopp@naranek.camelot.de>:
Usenet hat anarchische, demokratische, feudale und
oligarchische
Elemente; es lebt von deren funktionierender Kombination.
Autor: Christian Pree
http://www.vibe.at/begriffe/usenet_def.html
Anfragen und Kommentare an: info@vibe.at
zuletzt aktualisiert: Saturday, 25-Mar-2006 12:03:29 CET