Ein Web für alle

VIBE!AT zum Thema Zugänglichkeit und Standards im Internet

Dieser Text zeigt die oft dringend nötige Verbesserung von Websites und der derzeit im WWW verwendeten Software auf.

Inhalt

1. Problematik

Das Internet ist in den vergangenen Jahren zu einem der wichtigsten Informationskanäle geworden. Es erlaubt Millionen von Menschen, sich schnell und zuverlässig Informationen zu erschliessen. Der meistgenutzte Dienst im Netz der Netze ist das World Wide Web.

Längst hat sich das World Wide Web (WWW) vom reinen Informationmedium zu einem Ort entwickelt, an dem sich Menschen virtuell treffen um Informationen auszutauschen, Geschäfte abzuschließen oder sich zu unterhalten. Grundlage dafür sind Webseiten, die auf der Seitenbeschreibungssprache HTML basieren und mit spezieller Software, dem Webbrowser, betrachtet werden können.

Der Browsermarkt wird zur Zeit von zwei Produkten beherrscht: Dem Internet Explorer von Microsoft und dem Netscape Communicator. Obwohl das World Wide Web Consortiums (W3C) die Materie eigentlich durch Standards regelt, weichen die Browserhersteller in mehreren Punkten davon ab und und setzen eigene Zusatzentwicklungen ein, um Kunden ausschließlich an das eigene Produkt zu binden. Die Ersteller von Websites nehmen ihrerseits immer häufiger nur mehr auf diese beiden Produkte in ihren aktuellen Versionen Rücksicht. Sie entfernen sich damit immer weiter von dem Ideal, dem Browser eine logische Struktur der Information zur Verfügung zu stellen und das endgültige Erscheinungsbild nur unverbindlich vorzuschlagen.

Durch diese Entwicklung entstehen für viele Benutzer, aber auch für die Betreiber "schlechter" Websites selbst, eine Reihe von Nachteilen:

  1. Informationen und Angebote sind für Benutzer anderer Browser überhaupt nicht oder nur schwer zugänglich.

    Als Beispiel stellen sie sich einen Betrieb vor, der seine Produkte nur an Besitzer von Mobiltelefonen verkauft. Zwar besitzt ein großer Teil derÖsterreicher ein solches, aber es ist klar, dass diese Firma auch viele potentielle Kunden verlieren wird. Natürlich ist es nicht immer möglich, die ganze Servicepalette allen Kunden zur Verfügung zu stellen - das Zahlen über die Handy-Rechnung erfordert natürlich ein Handy ... das ist aber immer noch ein großer Unterschied dazu, dies als einzig mögliche Zahlungsform anzubieten.

    Dass die größten Online-Einkaufshäuser auch ohne Grafik, JavaScript u.ä. benutzbar sind, ist somit kein Zufall, sondern eine rationale Geschäftsentscheidung. (JavaScript ist eine Scriptsprache, die den Browser des Nutzers zu bestimmten Aktionen veranlasst. Die Verwendung wird von vielen abgelehnt, da sich auf diesem Wege immer wieder Sicherheitslücken einschleichen.)

  2. Webseiten werden doppelt unterhalten; einmal für den Netscape Navigator und einmal für den Internet Explorer.

  3. Webseiten, die für eine ältere Version des jeweiligen Browsers optimiert sind, werden in neueren Versionen nicht mehr "richtig" angezeigt.

  4. Roboter (automatische Suchprogramme) können den Inhalt der Seiten nicht zuverlässig auswerten.

Punkt 1 ist besonders schwerwiegend, da Blinde und Sehbehinderte auf textbasierte Browser oder andere Hilfsmittel angewiesen sind. Somit wird diesen Menschen die Möglichkeit genommen, optimal vom Internet zu profitieren. Besonders bei Websites öffentlicher Institutionen stimmt dieser Mangel sehr bedenklich.

Punkte 2 und 3 verursachen unnötige Mehrarbeit und zusätzliche Kosten für Anbieter von Web Content.

Um Informationen im Internet überhaupt finden zu können, sind Suchmaschinen unumgänglich. Diese können nur dann sinnvoll funktionieren, wenn Roboter die vorhandenen Informationen treffsicher und effizient verarbeiten können (Punkt 4).

Oben genannte Probleme lassen sich einfach lösen, wenn sich sowohl die Betreiber von Webseiten als auch die Softwarehersteller an die vom World Wide Web Consortium herausgegebenen Standards halten und bewusst darauf achten, dass Webseiten für alle Arten von Software und für alle Menschen gleichermaßen zugänglich sind.

2. Qualitätsmerkmale

Folgende Merkmale sind entscheidend:

Webseiten müssen zugänglich sein

Zugängliche Webseiten zeichnen sich durch folgende Prinzipien aus:

Die Verluste minimieren

Seiten müssen zugänglich bleiben, selbst wenn sie Einschränkungen technischer (zum Beispiel: Verwendung eines älteren oder alternativen Browsers) oder biologischer Natur (zum Beispiel: Farbenblindheit) unterliegen.

Entscheidend ist dabei, dass alle Informationen einer Website auch mit den einfachsten Mitteln, i.e. rein textbasiert, auch dann verfügbar bleiben wenn der Autor auf die Verwendung von Frames, Bildern und dynamischen Seiten nicht verzichten will. Bei entsprechender Planung ist die Berücksichtigung einer solchen Alternative ohne großen Mehraufwand möglich.

Inhalte verständlich und navigierbar machen

Es ist ausgesprochen wichtig, dass man komfortabel innerhalb von Seiten navigieren kann. Alle Seiten (also auch die innerhalb von Frames!) müssen mit einfachen Links erreichbar sein und sollten auch Links zu einer Hauptseite bieten. Viele Besucher gelangen über Suchmaschinen auf eine Seite, die oftmals nicht die Hauptseite ist, sodass die Suche in einer Sackgasse endet wenn nicht geeignete Navigationsmechanismen bereitgestellt werden.

Wenn zum Beispiel JavaScript für die grundlegenden Navigationsmechanismen verwendet wird, bleiben viele Besucher von der Website ausgeschlossen, da ihr Browser dies nicht unterstützt oder die JavaScript-Unterstützung aus Sicherheitsgründen abgeschaltet ist. Es ist in diesem Fall praktisch kein Mehraufwand, auch eine alternative Navigation zur Verfügung zu stellen, die ohne JavaScript auskommt.

Dokumenttypen im Internet

Wenn möglich sollten alle Informationen (zumindest auch) als HTML-Seiten angeboten werden. Sollte es sich dennoch als nötig erweisen andere Dokumenttypen zu verwenden, so sollten Formate verwendet werden, deren Spezifikationen dokumentiert und frei verfügbar sind. Das bedeutet, dass es sich bei den verwendeten Formaten um offene Standards handelt. Ausserdem muss das Format auf den meisten Rechnerarten und Betriebssystemen gelesen werden können. Als Quasistandard dafür hat sich das Portable Document Format (PDF) etabliert.

Besonders die proprietären Formate von Textverarbeitungen und Tabellenkalkulationen sollten nicht verwendet werden, ohne auch eine offen zugängliche Alternative anzubieten.

Webseiten sollen den Standards des World Wide Web Consortiums (W3C) entsprechen

Die Standards des W3C enthalten bereits Spezifikationen um die Zugänglichkeit zu verbessern und sind deshalb ein Mittel um diese zu gewährleisten.

Standardkonforme Seiten erleichtern es Suchrobotern, die Seiten genauer zu indizieren. Das erhöht die Chance, dass Besucher überhaupt den Weg auf eine Seite finden.

Standardkonforme Seiten werden auch in zukünftigen Browsern richtig dargestellt. Es ist sehr unsicher, ob zukünftige Browser ähnlich großzügig mit Syntaxfehlern umgehen, wie das heute der Fall ist.

Webseiten staatlicher Stellen müssen zwingend zumindest Konformitätsniveau A der Web Content Accessibility Guidelines 1.0 des W3C erreichen

Aus dem österreichischen Bundesverfassungsgesetz:

Artikel 7. (1) Alle Bundesbürger sind vor dem Gesetz gleich. Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses sind ausgeschlossen. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten.

Die Einhaltung der Web Content Accessibility Guidelines stellt sicher, dass auch behinderte Menschen nicht von den Informationen im Netz ausgeschlossen werden.

Wenn diese Richtlinien nicht eingehalten werden, zwingen die zuständigen Stellen die Benutzer, ganz bestimmte Browser zu verwenden. Vor allem könnten die verschiedenen Stellen auch noch unterschiedliche Browser voraussetzen bzw. ihre Seiten nur für den jeweiligen Browser optimieren. Diese Einschränkung der freien Wahl schadet Anbietern wie Konsumenten und ist daher zu vermeiden.

3. Links

Weiterführende Informationen

Webcontent Accessibility Guidelines
Die offiziellen Richtlinien wie Web-Inhalte zugänglich gemacht werden können. Es gibt auch eine deutsche Übersetzung: Zugänglichkeitsrichtlinien für Web-Inhalte.

Web Accessibility Initiative (WAI)
Eine Arbeitsgruppe des W3C, die sich speziell mit dem Thema "Zugänglichkeit" beschäftigt und Richtlinien dazu verabschiedet.

Aware Center
Ein reiches Angebot an zusätzlichen Informationen rund um das Thema "Zugänglichkeit.

WWW-Design für Sehbehinderte
Ein Artikel, der die Problematik der Zugänglichkeit für blinde und sehbehinderte Menschen beschreibt.

Österreichischer Blinden- und Sehbehindertenverband
Evaluierung von Webseiten. Benutzerfreundliches Design von Webpages für blinde und sehbehinderte Menschen.

Anybrowser.org
Kampagne für ein Browser-unabhängiges Web.

Selfhtml
Umfassendes HTML Online-Handbuch. Insbesondere werden die proprietären Befehle gekennzeichnet.

bjoernsworld.de
Tips zur Gestaltung besserer Websites.

Technische Hilfsmittel

validator.w3.org
Ermöglicht es, online zu überprüfen, ob Seiten den Standards entsprechen.

Bobby
Ein Online-Tool, das Webseiten auf ihre Zugänglichkeit überprüft.

Web Page Backward Compatibility Viewer
Online Tool, um ältere Browser zu simulieren. Man kann selektiv die Unterstützung für Tabellen, Frames, etc. abschalten, um einen Eindruck zu erhalten, wie Seiten auf älteren oder alternativen Browsern aussehen.

Amaya
Browser und WYSIWYG-HTML-Editor des W3C.

Tidy
Utility, das unter anderem HTML-Seiten auf Tippfehler überprüft und HTML-Seiten von Microsoft-Produkten in standardkonforme Seiten umwandeln kann.

Text: Stefan Soher - Version 1.0 vom 1. Oktober 2000
Überarbeitet von Albert Köllner und Gerald Pfeifer - Februar 2002
Ursprungstext von Daniel Broennimann.


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zuletzt aktualisiert: Saturday, 25-Mar-2006 11:43:56 CET