Position von VIBE!AT zur Konsultation VoIP der RTR
Vorwort
Der Verein für Internetbenutzer Österreichs (VIBE!AT) begrüßt die Möglichkeit, auf diesem Weg die für Konsumenten relevanten regulatorischen Aspekte von VoIP zu beleuchten.
Voice over IP (VoIP) hat das Potential, den Mark der Kommunikationsbetreiber deutlich zu erweitern und über die so entstehende Produktvielfalt den Konsumenten sowohl in der Art der Dienste, als auch in der Preisgestaltung neu Perspektiven zu eröffnen.
Ziele
Wir sind der Meinung, dass der regulatorischen Behandlung von VoIP Dienstleistungen folgende Ziele zugrunden liegen sollten:
- Es muss Firmen möglichst leicht gemacht werden, mit neuen Produkten auf den Markt zu kommen.
- Die grenzüberschreitende Struktur des Internets macht es ausländischen Firmen leicht, Dienste auch hier anzubieten. Konkurrenzfähige lokale Angebote sind jedoch aus Sicht des Konsumentenschutzes erstrebenswert.
- Vorgaben, die Konsumenten schützen sollen (Notrufmöglichkeit, Telefonbuch, Störungsannahme, Datenschutz ...) sollen auch bei VoIP eingefordert werden. Probleme in diesen Bereichen dürfen jedoch nicht als Verhinderungskeule verwendet werden.
- Bestehende Telefonieanbieter sollen nicht die Möglichkeit haben, den VoIP-Anbietern den Markteintritt zu erschweren.
Es ist aus unserer Sicht nicht die Aufgabe der Regulierung, bestehende Geschäftsmodelle zu schützen.
Klassifikation
Die Klassifikation der VoIP Dienste in Class A und Class B ist ein guter erster Schritt, wird aber nicht ausreichen um die kommende Dienstevielfalt hinreichend gut zu beschreiben. Wir geben hier folgende Punkte zu bedenken.
- Eingehende Rufe versus ausgehende Rufe in das PSTN.
Wir erwarten eine zunehmende Aufspaltung der beiden Richtungen in das PSTN auf verschiedene Dienstleister. Ein gutes Beispiel dafür sind jetzt schon 0780 Nummern und das generische Gateway, das Rufe an beliebige SIP-Adressen zustellen kann. - Gateways in Richtung PSTN sind heute dank der minimalen Kosten für internationalen Voice-Transit nicht nur mit Standort Österreich für Rufe nach Österreich interessant. Wenn das regulatorische Umfeld in Österreich lokale Anbieter behindert, so wird es hier zu Ausweichbewegungen kommen, die jegliche Regeln in Sachen Notrufvermittlung untergraben.
- Trennung des VoIP Dienstes und des Gateways in Richtung
PSTN.
Aus einer VoIP-Community wie etwa FWD oder iptel.org (oder jeder privaten Installation eines SIP Proxies) heraus können Gateways Dritter adressiert werden. Die potentielle Erreichbarkeit von Gateways darf nicht zu einer Klassifikation auf PATS führen.
Nummernvergabe
Die Nummernvergabe ist ein heikles Thema da die Art der verfügbaren Nummern für VoIP einen starken Einfluss hat auf:
- Erreichbarkeit
- Eingehende Tarife
- Portierbarkeit
Wir sehen aktuell Defizite in der Umsetzung der Zusammenschaltungspflicht laut §4 KEM-V. Insbesondere nehmen wir mit Bedauern zur Kenntnis, dass der Konsument kein seinem Anbieter gegenüber einklagbares Recht der Vermittlung seiner abgehenden Rufe an alle gültigen Rufnummern zu haben scheint. Als Seiteneffekt davon sind die VoIP-Nutzer, deren Anbieter die Nummernbereiche 0720 und 0780 nutzen, benachteiligt.
Sowohl die geographischen Nummern, als auch 0720 und 0780
sind quellnetztarifiert. Es ist daher dem freien Markt überlassen, dass die Tarife
für Rufe an diese Nummern konsumentenfreundlich sind. Die Konkurrenz unter den
Anbietern hat dies auch für die geographischen Nummern erreicht: Preise für Rufe
an klassische Festnetzanschlüsse sind ein Hauptpunkt in der Werbung aller
Festnetz- und Mobilfunkanbieter, und sind daher knapp kalkuliert.
Die Ziele 0720 und 0780 haben diese Stellung in der Werbung
nicht. Ein hoher Preis dorthin hat (wenn er überhaupt in den Broschüren erwähnt
wird) wenig Einfluss auf die Konsumentenentscheidung, da ja die Zahl der dort
erreichbaren Nutzer noch relativ klein ist.
Nur: solange Rufe dorthin teuer sind, macht das wiederum
diese für VoIP prädestinierten Nummernbereiche unattraktiv für neue Kunden.
Falls VoIP auf 0720/0780 eingeschränkt wird, können die klassischen Anbieter
diesen Teufelskreis ausnutzen, um die neue Konkurrenz VoIP zu behindern. Das
liegt nicht im Interesse der Konsumenten.
Es sollte Konsumenten ermöglicht werden, ihre bestehenden Nummern auf VoIP-basierte Telefone zu übertragen, ohne dass dazu das Potential von VoIP eingeschränkt werden muss. In anderen Bereichen wurde erkannt, dass die Portierung von Rufnummern ein wichtiger Faktor ist, damit Kunden nicht an einzelne Anbieter gefesselt werden können. Das gleiche gilt hier auch, nur geht es jetzt um eine Bindung an eine Technologie. Eine Möglichkeit zur Portierung ohne wenn und aber erhöht die Mobilität der Kunden und somit die Konkurrenz zwischen dem Festnetz und VoIP, und ist somit aus Konsumentensicht wünschenswert.
Die im Konsultationspapier erwähnte Notwendigkeit eines fixen physikalischen Netzabschlusspunktes als Bedingung für die Vergabe von geographischen Nummern ist in diesem Kontext eine unnötige Einschränkung. Was bei einer vertikalen Integration von ISP und VoIP-Anbieter vielleicht noch machbar ist verhindert die freie Wahl jedes Anbieters für jedes Service durch den Konsumenten und führt nur zu bürokratischen Fallstricken. Denkt man die im Papier vorgeschlagene Sicherstellung eines spezifischen IP-Zuganges als Grundlage für geographische Nummern weiter, so sollte es auch kein Problem sein, mobile Rufnummern an VoIP-Dienste zu vergeben, solange diese sicherstellen, dass die Kunden über WLAN oder UMTS online sind.
Wir sehen zwei mögliche Ansätze zur Nummernvergabe:
- Öffnung der geographischen Nummern für VoIP
Das ist die einfache Lösung da sie sowohl ein Ventil für den vorhin angesprochenen Teufelskreis bietet, die Portierung vereinfacht und damit VoIP-Nummern transparent in die bestehende Nummernstruktur integriert.
Falls eine komplette Aufgabe des Ortsbezuges nicht machbar ist, so sollte dieser auf eine Rechnungsadresse im betreffenden Ort (oder besser: Bundesland) reduziert werden.
- Starker regulatorischer Schutz von 0720/0780
Damit die für VoIP vorgesehenen Nummernbereiche wirklich im Markt angenommen werden, müssen die oben angeführten Bedenken bezüglich Erreichbarkeit und Tarifierung ausgeräumt werden. Ein Weg das zu erreichen wäre es, die Tarife in das Festnetz als Obergrenze für Tarife nach 0720/0780 festzulegen.
Dieser Aspekt geht uns im Papier der RTR ab: Es wird nur über die Anforderungen an die VoIP Anbieter gesprochen, aber nicht wie sich alle anderen Anbieter im Umgang mit der neuen Konkurrenz zu verhalten haben.
In beiden Fällen muss die Portierung von Festnetznummern zu VoIP-Anbietern ohne weitere Auflagen möglich sein.
Über VIBE!AT
Der "Verein für Internet-Benutzer Österreichs (VIBE.AT)" wurde Anfang 1999 infolge von Diskussionen im Usenet gegründet, um die Interessen der Benutzer gegenüber Behörden, Internet-Service-Providern (ISPs) und anderen Organisationen zu vertreten.
Kontakt:
Web: http://www.vibe.at/
Email: Otmar Lendl, info@vibe.at
http://www.vibe.at/aktionen/200506/rtr-voip-konsultation_13jun2005.html
Anfragen und Kommentare an: info@vibe.at
zuletzt aktualisiert: Sunday, 26-Mar-2006 11:17:47 CEST