E-Government - Höhere Kosten und geringerer Datenschutz

Vergangene Woche wurde im Ministerrat eine Regierungsvorlage zum E-Government-Gesetz beschlossen. VIBE!AT begrüßt die in der Vorlage vorgesehene Übernahme der Zustellkosten durch die Behörde (§30 Zustellgesetz), wodurch die in unserer Stellungnahme kritisierte Verschiebung der Kosten zum Bürger zumindest teilweise gemildert wird.

Das Grundproblem der hohen Komplexität und Kosten durch das geplante Gesetz bleibt aber bestehen. Zusätzlich sind eine Reihe weiterer Problemfelder gegenüber dem ursprünglichen Begutachtungsentwurf hinzugekommen, die insbesondere den Datenschutz betreffen.

Erhöhte Kosten für die Bürger

Die vorgesehene Gebührenbefreiung für elektronische Eingaben mit Hilfe der Bürgerkarte (§10 Gebührengesetz) wird in der Regierungsvorlage auf 3 Jahre begrenzt. Die Gültigkeitsdauer der kostengünstigeren Verwaltungssignatur, die nicht den Sicherheitsanforderungen gemäß Signaturgesetz genügt und auch als "Handysignatur" bekannt ist, wird nun mit Ende 2007 begrenzt (§25 E-Government-Gesetz). Im Gesetzesentwurf war noch eine Frist bis Anfang 2010 vorgesehen.

Langfristig ändern diese "Lockvogel-Angebote" nichts an der erhöhten Kostenbelastung für den Bürger (u.a. Anschaffung von Kartenlesegeräten sowie jährliche Kosten der Zertifikate). Nach Ablauf von 3 Jahren fallen für Eingaben auf elektronischem Wege nicht nur die gleichen Gebühren an wie bisher in der herkömmlichen Papierform, sondern die Gesamtbelastung erhöht sich durch die für den elektronischen Behördenverkehr notwendigen Zusatzinvestitionen. Die Zukunft des E-Government in Österreich ist also hauptsächlich durch Verteuerung gekennzeichnet.

Es ist nicht nachvollziehbar warum die als Argument für das E-Government-Gesetz angeführten Einsparungen und Verfahrensvereinfachungen in der Verwaltung auf der Bürgerseite zu einer höheren Kostenbelastung führen sollen. Es wäre, wie in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage angeführt wird, "sachlich nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar geboten, einen Teil dieser Einsparungen an die Bürger/Unternehmen durch Gebührenbefreiung weiterzugeben", und zwar nicht nur in einer kurzen Einführungsphase.

Die laufenden Zusatzkosten für den Bürger werden auch nach der Einführung weiter bestehen. Ebenso ist zu erwarten dass die durch hohe Anfangsinvestitionen hoffentlich erreichten Einsparungen in der Verwaltung nicht nur 3 Jahre spürbar sein werden, um danach plötzlich wieder auf das herkömmliche Kostenniveau zu steigen. Reduzierte Kosten auf Verwaltungsseite sollten auch direkt in Form niedrigerer Gebühren an die Bürger weitergegeben werden. Das Motto des österreichischen E-Government sollte nicht "teuer und komplex" sondern "einfach und kostengünstig" sein.

Digitale Spaltung

Wie bereits in unserer Stellungnahme vom 15. September angesprochen ist die im Gesetz vorgeschlagene Lösung nicht dazu geeignet, die Akzeptanz der elektronischen Kommunikation zwischen Bürgern und Behörden zu erhöhen und die bestehende "Digitale Spaltung" zu verringern.

Im Gegenteil führen die erhöhte Kostenbelastung und die Komplexität zu einer weiteren Bevorzugung bereits in die "digitale Gesellschaft" integrierter Teile der Bevölkerung. Mehr Bürgernähe und eine breitere Verwendung in allen Bevölkerungsschichten könnte man hingegen durch möglichst einfache und kostengünstige E-Government-Dienste erreichen, wie sie derzeit schon in vielen Bereichen der Verwaltung verwendet werden.

Selbst wenn viele der in der Regierungsvorlage vorgesehenen technischen Lösungen gut durchdacht sind, sind sie immer anhand einer Kosten-Nutzen-Analyse zu bewerten, besonders in Hinblick auf ihre sozialen Auswirkungen. Die soziale Verträglichkeit ist höher zu bewerten als die technische Machbarkeit.

Geringerer Schutz der Wohnsitzdaten

Mit der in der Regierungsvorlage vorgesehenen Änderung von §16(1) des Meldegesetzes wird einem Bedarf der Wirtschaft entsprechend der Zugriff auf die Wohnsitzdaten wesentlich erleichtert. Als Begründung wird angeführt dass "die für eine erfolgreiche Wohnsitzabfrage im Zentralen Melderegister notwendigen Daten im Wirtschaftsleben oft nicht zur Gänze vorhanden sind", wodurch natürlich kein legaler Zugriff auf die Wohnsitzdaten möglich war.

Bisher waren für eine Wohnsitzabfrage Vor- und Familiennamen, das Geburtsdatum und mindestens ein zusätzliches Merkmal erforderlich. In Zukunft soll die Abfrage weniger geschützt werden: Es wird genügen, lediglich Vor- und Familiennamen und ein zusätzliches Merkmal zu kennen, um den Wohnsitz einer Person zu erfahren. Die Kenntnis des Geburtsdatums ist nicht mehr notwendig.

Damit wird die bisher gegen das Meldegesetz verstoßende Praxis der Wohnsitzabfrage ohne Kenntnis des Geburtsdatums (siehe Bericht der ARGE DATEN) legalisiert. VIBE!AT fordert eindringlich auf, den bisher im Meldegesetz bestehenden Schutz beizubehalten. Datenschutz ist nicht kommerziellen Interessen unterzuordnen, sondern das Schutzniveau für Daten der österreichischen Bürgerinnen und Bürger ist beizubehalten!

Für VIBE!AT:
Albert Köllner

Referenzen:


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zuletzt aktualisiert: Sunday, 26-Mar-2006 11:15:29 CEST