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Stellungnahme zum Entwurf eines E-Government-Gesetzes

An das
Bundeskanzleramt
Verfassungsdienst

Ballhausplatz 2
1014 Wien

v@bka.gv.at

Wien, 15. September 2003

Betreff: Stellungnahme zum Entwurf eines E-Government-Gesetzes, GZ 810.287/004-V/3/2003

Der Verein für Internet-Benutzer Österreichs (VIBE!AT) steht der elektronischen Kommunikation zwischen Bürgern und Behörden grundsätzlich positiv gegenüber. Der vorliegende Entwurf eines E-Government-Gesetzes enthält jedoch einige Problemfelder zu denen wir wie folgt Stellung nehmen:

Verschiebung der Kosten von der Verwaltung zum Bürger

Die im Entwurf vorgesehene Einführung kommerzieller Zustelldienste bietet bei erhöhten Kosten für die Bürger keinen erkennbaren Mehrwert im Vergleich zur bisher schon praktizierten elektronischen Kommunikation mit Behörden.

Die Kosten für diese elektronischen Zustelldienste wären vom Bürger zu tragen, im Gegensatz zur bisherigen Situation wo der Empfang von behördlichen Schriftstücken (z.B. per RSa/RSb-Brief) keine Kosten verursacht. Den im Entwurf angeführten geringeren Zustellkosten der Behörden stehen also höhere Ausgaben auf Bürgerseite gegenüber, die Kosten für die Zustellung werden von der Verwaltung auf den Bürger abgewälzt.

Akzeptanzprobleme / Vergrößerung der "Digitalen Kluft"

Zusammen mit den Aufwendungen für die Bürgerkarte (u.a. Anschaffung von Kartenlesegeräten sowie jährliche Kosten der Zertifikate) würden die Zustelldienste zu einer höheren Kostenbelastung durch E-Government und somit zu einer höheren Akzeptanzschwelle für die Nutzung der elektronischen Dienste führen.

Die im Entwurf vorgesehene Gebührenbefreiung bei Verwendung der Bürgerkarte ist grundsätzlich zu begrüßen, fördert aber primär Bürger welche bereits über die notwendige Infrastruktur (Computer, Internet-Zugang, Kartenlesegerät) sowie Kenntnisse im Umgang mit den neuen Technologien verfügen. Für jene Bürger welche noch nicht ausreichend in die "digitale Gesellschaft" integriert sind bilden hingegen die durch den vorliegenden Gesetzesentwurf erhöhte Komplexität der Verfahren und die (u.a. durch die Zustelldienste) erhöhten Kosten eine noch größere Einstiegsbarriere, die "Digitale Kluft" vergrößert sich.

Angesichts der zu erwartenden Kosten und Komplexität (vgl. u.a. die notwendigen Regelungen über Zulassung, Aufsicht und Haftung) sowie den damit einhergehenden Risiken ist insbesondere von der Zwischenschaltung kommerzieller elektronischer Zustelldienste in die Kommunikation zwischen Bürger und Behörde abzuraten.

Für eine breite Annahme von E-Government-Diensten in der Bevölkerung ist eine möglichst einfache, kostengünstige und bürgernahe Gestaltung der Dienste (vgl. z.B. Finanz Online) zu empfehlen.

Verwaltungssignaturen

§ 25 e-GovG definiert Verwaltungssignaturen als "Signaturen, die die Voraussetzungen für sichere Signaturen weitgehend erfüllen, jedoch nicht notwendigerweise allen Bedingungen der Erzeugung und Speicherung von Signaturerstellungsdaten der sicheren Signatur genügen und nicht notwendigerweise auf einem qualifizierten Zertifikat beruhen" und regelt ihre Verwendung im Rahmen der Bürgerkartenfunktion bis zum 1. Jänner 2010.

Verwaltungssignaturen sind also Signaturen welche nicht den Sicherheitsanforderungen gemäß Signaturgesetz genügen. Im Gegensatz dazu sieht Artikel 3 (7) der EU-Signaturrichtlinie (Richtlinie 1999/93/EG), auf der das österreichische Signaturgesetz beruht, vor "den Einsatz elektronischer Signaturen im öffentlichen Bereich möglichen zusätzlichen Anforderungen" zu unterwerfen, eine Reduzierung der Sicherheitsanforderungen für Signaturen im Verwaltungsbereich steht also im Widerspruch zur EU-Signaturrichtlinie.

Dem Präsidium des Nationalrates werden 25 Ausfertigungen und eine elektronische Fassung dieser Stellungnahme übermittelt.

Für VIBE!AT:

Albert Köllner

Referenzen:


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http://www.vibe.at/aktionen/200309/eGovG-Stellungnahme.html
Anfragen und Kommentare an: info@vibe.at
zuletzt aktualisiert: Sunday, 26-Mar-2006 11:13:37 CEST