Gegen den Überwachungsstaat. |
Stellungnahme von VIBE!AT zu ENFOPOL
Da Telekommunikation (zu der auch das Internet, Telefonie und
Mobiltelefonie zählen) eine zunehmende Bedeutung in der Gesellschaft
spielt, stellt sich natürlich auch die Frage, welche Auswirkungen dieser
Trend auf die Strafverfolgung hat. Die Europäische Union hat unter dem
Titel "ENFOPOL 98" (und Folgepapiere) Vorschläge zur Überwachung von
Telekommunikationsnetzen ausgearbeitet. Diese Richtlinien sind unserer
Meinung nach sowohl menschenrechtlich als auch demokratiepolitisch
äußerst bedenklich.
Daß die gesetzlich zur Aufklärung von strafrechtlich relevanten Delikten
zuständigen Organe das Internet nicht ignorieren können, steht außer
Frage. Im Gegenteil, es ist zu befürworten, daß auch die sich hier
bietenden Möglichkeiten zur Aufklärung von Verbrechen genutzt werden,
seien es nun "klassische" Verbrechen oder solche, die erst durch dieses
neue Medium möglich werden. Aber wie auch in anderen Bereichen dürfen
die Grundprinzipien der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und der
Verhältnismäßigkeit der Mittel nicht außer acht gelassen werden. Hier
liegen unsere Bedenken zu ENFOPOL.
Derzeit regelt das österreichische Recht genau, unter welchen
Bedingungen eine Aufhebung des grundrechtlichen Schutzes des
Fernmeldegeheimnisses zulässig ist. Im Zuge von ENFOPOL ist aber auch
ein grenzüberschreitendes Abhören vorgesehen, ohne daß dies in allen
betroffenen Ländern richterlich abgesegnet sein muß. Das ist unserer
Meinung nach bei einem Eingriff in Grundrechte nicht tolerierbar.
Weiters spezifieren die ENFOPOL-Vorschläge nicht, wie weit die
Kooperation der Telekommunikationsprovider gehen muß, und welche Daten
wirklich in Echtzeit weitergegeben werden müssen. Eine klare Regelung
wäre im Sinne der Rechtssicherheit zu begrüßen.
Wie konnte es passieren, daß weitgehende Abhörpläne fast unbemerkt
von der Öffentlichkeit beschlossen werden ? Wenn man sich die spärlichen
Informationen zusammensucht, die zu ENFOPOL öffentlich erhältlich sind,
so ergibt sich folgendes Bild: Es wurden diverse Geschäftsordnungstricks
benutzt, um den Entwurf im EU-Parlament an jeder inhaltlichen Diskussion
vorbei zu beschließen. Nachdem sich Widerstand gegen das ENFOPOL-Paket
regte, wird jetzt versucht, die einzelnen Forderungen von ENFOPOL
auf andere nationale Gesetzesvorhaben und internationale Verträge
aufzuteilen.
Abgesehen von unseren prinzipiellen Vorbehalten, sehen wir auch folgende
konkrete Einzelkritikpunkte an dem derzeitigen ENFOPOL-Entwurf:
Weitere Informationen:
Über VIBE: Der Verein für Internet-Benutzer Österreichs (VIBE.AT)
sieht sich als Vertretung der gesellschaftlichen Interessen der
hiesigen Online-Community. Seit der Gründung im Frühjahr 1999 war VIBE
u.a. an der Durchsetzung des Spam-Verbotes und der Verleihung der
BigBrother-Awards beteiligt.
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zuletzt aktualisiert: Sunday, 26-Mar-2006 10:12:56 CEST